von André Jasch

„Wir wagen uns in eine völlig neue Dimension der Startup-Finanzierung vor“

7 Minuten Lesezeit
„Wir wagen uns in eine völlig neue Dimension der Startup-Finanzierung vor“

Mit digitalen Eigenkapital-Beteiligungen bringen die beiden Companisto-Gründer David Rhotert und Tamo Zwinge eine echte Neuheit auf den Markt. Im Interview erklären Sie, warum sie Impulsgeber für die gesamte Branche sind und warum sie glauben, dass der Markt der Startup-Finanzierung in Deutschland noch viel Luft nach oben hat.


Ihr habt Companisto 2012 gegründet, um Gründern mit innovativen Geschäftsideen den Zugang zu Kapital zu erleichtern. Wie fällt eure Bilanz bislang aus?

David Rhotert: Wir sind mit Companisto angetreten, um eine Investorengemeinschaft aufzubauen, die gemeinsam bahnbrechende Innovationen und Unternehmen finanziert. Seit der Gründung von Companisto haben wir auch Beachtliches erreicht: über 94.000 registrierte Investoren haben mehr als 60 Millionen Euro in 118 Finanzierungsrunden aufgebracht. Aber wir merken auch, dass wir mit dem bisherigen Beteiligungsmodell an Grenzen gestoßen sind. So konnten wir beispielsweise aus regulatorischen Gründen nie mehr als 2,5 Millionen Euro für ein Unternehmen einsammeln, auch wenn die Investoren gerne mehr investiert hätten.

Tamo Zwinge: Aus diesem Grund haben wir ein neues Beteiligungsmodell entwickelt, mit dem wir unsere Vision besser erreichen können. Es handelt sich dabei um Eigenkapital-Finanzierungen wie sie im Bereich Venture Capital üblich sind, mit dem entscheidenden Unterschied, dass wir diesen aufwendigen Prozess digitalisiert haben – eine absolute Neuheit im deutschsprachigen Raum. Diese Finanzierungsform greift bei uns erst ab einem Kapitalbedarf von 3 Millionen Euro. So können wir Unternehmen auch das nötige Kapital in der Wachstumsphase zur Verfügung zu stellen. Wir wollen dadurch neue Impulse für den Markt der Startup-Finanzierung geben, da wir überzeugt davon sind, dass dort noch viel ungenutztes Potenzial liegt.


Welches Potenzial seht ihr für Startup-Finanzierungen in Deutschland?

Tamo Zwinge: Wir sind in der DACH-Region seit geraumer Zeit Markführer und orientieren uns somit vermehrt am europäischen Ausland. Dabei stellen wir fest, dass in anderen Ländern wie beispielsweise Großbritannien ganz andere Summen für Startups bereitgestellt werden. Investment-Plattformen wie Crowdcube, Seedrs oder Syndicate Room sammeln dort jeweils zweistellige Millionenbeträge pro Jahr ein. Das hat auch viel mit den Rahmenbedingungen zu tun. Die Plattformen können aufgrund anderer Gesetzeslage einfacher Eigenkapital-Investments anbieten und der Staat fördert gezielt Wagniskapital-Investitionen. Das führte zu einer ganz anderen Wachstumsdynamik als in Deutschland. Der Anteil solcher Online-Investitionen in Startups macht in Großbritannien mittlerweile 15 Prozent am gesamten Venture-Capital-Markt aus.


Aber ist diese Entwicklung auch auf Deutschland übertragbar?

David Rhotert: Ein Teil dieser Entwicklung ist sicher auch auf Kulturunterschiede zurückzuführen. Die Wagniskapitalbranche ist in Großbritannien über Jahrzehnte gewachsen und tiefer in der Privatgesellschaft verwurzelt. Aber wir sind uns sicher, dass in Deutschland eine ähnliche Entwicklung möglich ist, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. In Deutschland haben wir mit dem INVEST-Zuschuss ein zu Großbritannien vergleichbares Förderprogramm. Dadurch werden Investitionen in Startups mit bis zu 15 Prozent der Investitionssumme bezuschusst. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Förderung nur bei Investitionen in echtes Eigenkapital greift, weshalb Beteiligungsformen wie das partiarische Darlehen davon bisher ausgeschlossen sind.


Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Eigenkapital-Beteiligungen online anzubieten?

David Rhotert: Es gab schon länger vermehrte Nachfrage unserer Investoren, so zu investieren wie es professionelle Business Angels und institutionelle Anleger tun – in echte GmbH-Anteile. Leider gab es da einen Haken: Ein solches Beteiligungsmodell setzte einen Vermögensanlagenprospekt seitens der Startups voraus. Die Erstellung eines solchen Prospekts ist mit hohen Kosten verbunden und deshalb hatten wir bisher davon abgesehen. Außerdem hatten wir die Hoffnung, dass im Rahmen der EU-Prospektverordnung ein politisches Umdenken stattfindet und Investitionen in Eigenkapital erleichtert werden. Leider wurden wir dahingehend enttäuscht. Hierzulande haben GmbHs gegenüber Großunternehmen noch immer Nachteile beim Zugang zum Kapitalmarkt. Politische Prozesse nehmen immer viel Zeit in Anspruch, aber solange wollten wir uns nicht gedulden.


Wie sieht das neue Beteiligungsmodell aus?

Tamo Zwinge: Wir sind stolz, mit den neuen Companisto Eigenkapital-Beteiligungen ein Modell präsentieren zu können, das es ermöglicht auf Companisto so zu investieren, wie professionelle Anleger und Business Angels es bevorzugt tun – in echte GmbH- und AG-Anteile. Wir haben einen juristisch anspruchsvollen und komplizierten Prozess digitalisiert und für Investoren radikal vereinfacht. Als Ergebnis steht ein einzigartiges und professionelles Investmentprodukt für den deutschen Sprachraum zur Verfügung.


Welche Vorteile bietet das neue Beteiligungsmodell für Unternehmen?

David Rhotert: Die Unternehmen können nun Finanzierungsrunden in unbegrenzter Höhe absolvieren. Wir eröffnen allen ambitionierten Gründern damit eine echte Finanzierungsperspektive: Sie können bei uns mit einer Seed-Finanzierung starten und bei guter Unternehmensentwicklung später eine Wachstumsfinanzierung absolvieren. Im Idealfall begleiten wir die Unternehmen dann bis zu einem möglichen Exit, zum Beispiel einem Börsengang. Das nimmt für Gründer eventuell auch etwas die Unsicherheit, ständig nach neuen Investoren suchen zu müssen.

Tamo Zwinge: Wir würden die echten Eigenkapital-Beteiligungen gerne auch für die Frühphasenfinanzierung anbieten. Durch die derzeitige gesetzliche Situation und den damit verbundenen Prospektpflichten können wir jedoch erst Wachstums-Finanzierungsrunden ab 3 Millionen Euro wirtschaftlich abbilden. Damit bieten wir zwar ein völlig neues Marktinstrument für die gemeinschaftliche Wachstumsfinanzierung von innovativen Unternehmen in Deutschland, sehen aber auch weiterhin großen Bedarf bei der Frühphasenfinanzierung.


Welche Vorteile bieten Eigenkapital-Beteiligungen für die Investoren?

David Rhotert: Der größte Vorteil ist die Tatsache, dass es nun erstmals überhaupt möglich ist, online in Eigenkapital von Wachstumsunternehmen zu investieren. Es ist dabei schon mit geringen Beträgen möglich, sich an aufstrebenden Wachstumsunternehmen zu beteiligen. Alle Beteiligungen eines Portfolios können einfach und übersichtlich online über Companisto verwaltet werden. Es entstehen dabei keine Depot-Eröffnungsgebühren oder Verwaltungsgebühren. Zudem gibt es nun die Möglichkeit mehr als 10.000 Euro in ein Startup zu investieren und sich mit anderen Business Angels über unseren Angel Club zu vernetzen.

Tamo Zwinge: Mit einer Investition in Eigenkapital werden die Investoren zu Miteigentümern des Unternehmens und profitieren von der starken Rechtsposition eines Gesellschafters. Das bedeutet konkret, dass sie neben der Gewinn- und Exit-Beteiligung nun auch Stimmrechte bei Gesellschafterbeschlüssen erhalten. Damit können sie den Unternehmenserfolg aktiv mitgestalten. Dazu können Investoren vom INVEST-Zuschuss in Höhe von 15 Prozent der Investitionssumme profitieren, sofern es sich um Investitionen in INVEST-förderfähige Unternehmen handelt. Das ist natürlich ein starker Anreiz für Investitionen in Wagniskapital.


Wollt ihr einen Ausblick in die Zukunft wagen?

David Rhotert: Wir werden uns auch in Zukunft weiter dafür einsetzen, Unternehmertum und Innovationen in Deutschland zu fördern. Wir erleben jeden Tag auf unserer Plattform, wie gut das funktionieren kann. Mit den neuen Companisto Eigenkapital-Beteiligungen tragen wir unseren Teil dazu bei und wagen uns in eine völlig neue Dimension der Finanzierung von Startups vor.


Zu den Gründern:

David Rhotert

David Rhotert ist Gründer und Geschäftsführer von Companisto. An der Freien Universität Berlin studierte er Rechtswissenschaften, arbeitete beim Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, um im Anschluss für einige Zeit in der Rechtsabteilung eines deutschen Großkonzerns in Peking tätig zu sein. Vertiefte Erfahrungen in gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen sowie im Bereich Mergers & Aquisitions sammelte er durch seine Tätigkeit in zwei internationalen Großkanzleien. Seine Motivation Companisto zu gründen, liegt in den Erfahrungen, die er zusammen mit Tamo Zwinge bei der Startup-Gründung von „Partycard“ durchlebte, welches 2005 mit einem erfolgreichen Beteiligungsverkauf abgeschlossen wurde.

Tamo Zwinge

Tamo Zwinge leitet Companisto seit Juni 2012 als Gründer und Geschäftsführer. Er arbeitete zuvor mehrere Jahre als Jurist bei CMS Hasche Sigle, einer der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten in Deutschland. Dort betreute er große Unternehmen in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients. Aufgrund dieser Kompetenzen verantwortet Tamo Zwinge im Besonderen die rechtliche Ausgestaltung von Companisto und die stetige Optimierung des Companisto-Modells auf Anschlussfinanzierungen durch Venture Capital-Gesellschaften.


 

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