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Impact Investing – Was Anleger wissen sollten

Gastbeiträge und Interviews

Interview zum wirkungsorientierten Investieren

Von André Jasch
9 Minuten Lesezeit

 

Kann man Geld anlegen und dabei gleichzeitig Gutes tun? Ja, sagen Impact Investoren. Sie achten bei der Auswahl ihrer Geldanlage neben einer wirtschaftlichen Rendite auch auf soziale und ökologische Folgen. Doch was genau verbirgt sich hinter Impact Investing und wie funktioniert es? Das erklärt Young-jin Choi, Berater für Impact Investing bei Phineo, im Gespräch.

 

André Jasch: Was genau ist Impact Investing?

Young-jin Choi: Impact Investing (dt. wirkungsorientiertes Investieren) zeichnet sich für mich im Wesentlichen dadurch aus, dass den positiven und negativen Wirkungen, die aufgrund eines Investments erzielt werden, ein entscheidendes Gewicht beigemessen wird. Ein Grundproblem der gegenwärtigen Finanzmärkte besteht darin, dass Investitionsentscheidungen primär anhand der Kriterien „finanzielles Renditepotenzial“ und „finanzielles Risiko/Liquidität“ getroffen werden.

Beim Impact Investing geht es also darum, den Erfolg eines Investments nicht mehr nur an seiner finanziellen Performance zu messen, sondern auch an seiner Wirkung. Wie weit dabei die Wertschätzung von positiver Wirkung geht, ist allerdings nicht festgelegt. Impact Investing umfasst daher ein relativ breites Spektrum an kombinierten Wirkungs- und Renditeerwartungen.

André Jasch: Wenn du von Impact Investing sprichst, welche Art von „Impact“ meinst du dann genau? Den wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Impact?

Young-jin Choi: Mit Impact meinen wir „positive“ Wirkung: Veränderungen, die sowohl sozialer, ökologischer und volkswirtschaftlicher Art sein können und allgemein wünschenswert und normativ wohlbegründet sind. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) bieten einen Orientierungsrahmen, mit dem sich die Welt auf Aufgabenfelder verständigt hat, denen eine hohe normative Dringlichkeit beigemessen wird. Dieser Orientierungsrahmen erhebt zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt aber eine hilfreiche Ausgangsbasis dar.

In der Praxis wird ein besonderes Augenmerk auf benachteiligte und unterversorgte Zielgruppen gelegt, bei denen sich Impact häufig in einer verbesserten Lebenssituation und einer erhöhten Lebenszufriedenheit ausdrückt. Das ist relativ leicht nachweisbar. Aber ebenso ist es sinnvoll, die Interessen zukünftiger Generationen und universale Aspekte wie beispielsweise Biodiversität, soziale Gerechtigkeit, Frieden, oder die Autonomie des Menschen zu berücksichtigen. Auch wenn hier der Wirkungsnachweis schwieriger ist, bin ich optimistisch, dass sich in vielen Fällen ein Fortschritt in die richtige Richtung plausibel darstellen lässt.

 

André Jasch: Was sind die drängendsten Probleme der Welt und was kann Impact Investing zur Lösung beitragen?

Young-jin Choi: Unsere Gegenwart ist von zahlreichen drängenden sozialen und ökologischen Herausforderungen geprägt. Zu den schwerwiegendsten Risiken unserer Zeit zählen sicherlich der Klimawandel und generell die Belastung eines endlichen planetaren Ökosystems durch einen exponentiell zunehmenden Ressourcenverbrauch unserer gegenwärtigen Konsum- und Industriegesellschaft. Aber auch besorgniserregende geopolitische und gesellschaftliche Entwicklungen sowie technologische Entwicklungen z.B. im genetischen Engineering (CRISPR) oder in der künstlichen Intelligenzforschung, die nicht nur mit Opportunitäten sondern auch mit existenziellen Risiken einhergehen, sollten Beachtung werden.

Impact Investing kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das positive Wirkungspotenzial von neuen Technologien auf unternehmerische Weise realisiert wird. Allerdings, und das ist meine persönliche Meinung, erfordern grundlegende gesellschaftliche Veränderungen auch eine entsprechende politische Rahmenordnung, welche diese Veränderungen mithilfe von wirkungsvollen Unterstützungsangeboten, Anreizen und Sanktionen unterstützt. 

André Jasch: Das Feld Impact Investing ist sehr breit. Habt ihr einen Branchenfokus?

Young-jin Choi: Impact Investing lässt sich als eine Investmentstrategie verstehen, welche über Assetklassen und Sektorengrenzen hinweg reicht. Der Fokus liegt dabei auf Opportunitäten mit besonders hohen Wirkungspotenzialen und deren Realisierung durch eine kontinuierliche unterstützende Begleitung. Impact Investing ist daher nicht auf eine Branche festgelegt,  aber sicherlich auf das Know-how von Branchenexperten angewiesen.

Derzeit entwickeln wir beispielsweise den „Tech4Impact“ Seedfonds, um insbesondere im deutschsprachigen Raum eine Finanzierungslücke für wirkungsorientiertes Seedkapital zu schließen. Wir konzentrieren uns dabei branchenübergreifend auf Start-ups, welche durch die Anwendung von neuen Technologien (z.B. KI, Machine Learning oder das Internet der Dinge) einen nachweislichen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten können und sich in ihrer Wirkungsorientierung weiterentwickeln wollen.

 

André Jasch: Wie misst man die soziale Rendite eines Investments?

Young-jin Choi: Generell denke ich, dass sich die gesellschaftliche Rendite eines Investments an der Qualität der gesellschaftlichen Veränderungen bemisst, welche damit erzielt werden konnten. Um die positive Wirkung eines Investments nachweisbar zu machen können Impact Investoren auf eine Reihe von Methoden und Tools zurückgreifen, wie beispielsweise das Impact Management Projekt, die SROI Methode, der IRIS Katalog oder den Social Reporting Standard.

Bei dem Tech4Impact Seedfonds messen wir unseren Wirkungserfolg konkret anhand von zwei Dimensionen: Zum einen anhand der nachweislichen, signifikanten und (auch unter Berücksichtigung von unbeabsichtigten Nebenwirkungen noch) positiven Beiträge der Portfoliounternehmen zu den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs). Zum anderen anhand der Entwicklung der Wirkungsorientierung des Start-ups und der GründerInnen, d.h. der Kompetenz, Wirkung zu managen und ein positives Wirkungspotenzial möglichst optimal zu realisieren.

 

André Jasch: Ist Impact Investing nur etwas für wohlhabende Investoren?

Young-jin Choi: Grundsätzlich ist Impact Investing eine Investmentphilosophie, welche für alle Anlegertypen sowohl im Kleinen als auch im Großen anwendbar ist. Nämlich immer dann, wenn ein Interesse daran besteht, Investitionsentscheidungen auch von der erzielbaren bzw. erzielten Wirkung eines Investments abhängig zu machen.  

Kleinanleger haben in der Praxis dennoch andere, engere Handlungsspielräume. Ersteren bleibt in der Regel weniger Spielraum für riskantere und weniger liquide, aber dafür Upside bietende Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung. Kleinanleger haben häufig ein weniger diversifiziertes Portfolio und sind eher auf standardisierte Kapitalmarktprodukte und die Dienstleistung institutioneller Asset Manager angewiesen, deren primärer Auftrag zunächst darin besteht, Vermögen möglichst risikoarm zu erhalten und zu mehren. Eigentümer von größeren Vermögen und deren Verwalter haben hingegen mehr Handlungsspielräume, ihr Kapital wirkungsorientiert anzulegen.

 

André Jasch: Deine Einschätzung: Welche Rolle wird Impact Investing künftig in Deutschland spielen?

Young-jin Choi: Ich denke, das gegenwärtige Interesse am Thema Impact Investing wird weiter wachsen und hoffentlich zu mehr praktischen Beispielen führen. Dabei werden nach meiner Einschätzung vor allem vermögende Privatpersonen und Family Offices  gefragt sein, eine führende Rolle einzunehmen, bevor institutionelle InvestorInnen die erforderlichen Handlungsspielräume erhalten und es ihnen gleich tun können.

Eine wichtige Frage besteht letztendlich darin, ob Impact Investing Angebote langfristig das bisherige Angebot in Mainstream Finanzmärkten lediglich im Sinne eines Nischenproduktes ergänzen oder aber einen signifikanten Teil substituieren werden und zu grundlegenden Veränderungen führen können. In diesem Zusammenhang können wir unterscheiden zwischen “breitem“ Impact mit Investitionen nach ESG und Nachhaltigkeitskriterien und „tiefem“ Impact, also Investments als Mischform aus gesellschaftlichem Engagement und einem wirkungsorientierten Einsatz von Investmentkapital. Langfristig besteht das Ziel darin, im Finanzsystem einen ausgewogenen Mix an breitem und tiefem Impact zu realisieren.

 

André Jasch: Um sich in der Finanzbranche durchzusetzen, müssen sich auch Impact Investment Fonds an ihrer Performance messen lassen. Der Schluss liegt nahe, dass dabei weniger Rendite erzielt wird als bei herkömmlichen Finanzprodukten. Stimmt das oder handelt es sich um einen Trugschluss?

Young-jin Choi: Es ist zunächst einmal nicht so, dass mit Impact Investments notwendigerweise geringere Renditen erzielt werden als bei herkömmlichen Investments. Es gibt durchaus Opportunitäten, bei denen sich eine hohe gesellschaftliche Wirkung und eine marktübliche oder sogar marktüberlegene finanzielle Performance nicht gegenseitig ausschließen. Zudem lässt sich beobachten, dass gerade eine gut kommunizierte Transparenz über nachweislich positive Wirkung einen Beitrag dazu leisten kann, dass sich die finanzielle Performance eines Investments vorteilhaft entwickelt.

Es gibt aber auch Opportunitäten, die ein hohes gesellschaftliches Wirkungspotenzial bieten und dabei eine finanzielle Performance versprechen, welche sich zwischen Kapitalerhalt und herkömmlichen Renditezielen bewegt. Diese werden von rein kommerziell orientierten  InvestorInnen leider häufig übersehen, unterschätzt oder ignoriert – selbst dann, wenn dabei immer noch „gutes Geld“ verdient bzw. eine „anständige Rendite“ erzielt werden kann.

Ich glaube, dass GründerInnen und InvestorInnen im Alltagsgeschäft oft mit Zielkonflikten und Trade Offs konfrontiert sind. In solchen Situationen manifestiert sich ihre Wirkungsorientierung im Bestreben, eine sinnvolle Balance zwischen positiver Wirkung und finanzieller Performance zu erzielen. In vielen Fällen wird ein Optimum dadurch erzielt, dass Profitmargen und Renditen nicht maximiert, sondern als Mittel zum Zweck in den Dienst positiver gesellschaftlicher Veränderung gestellt werden.

 


Zur Person:
Young-jin Choi ist seit 2015 bei Phineo im Bereich Impact Investing tätig. Als erfahrener Impact-Investment-Berater und Experte leitet er derzeit die Entwicklung eines Seed-Stage-Impact-Investment-Fonds für Startups, die Technologie als Kraft für das Gute nutzen. Vor seinem Wechsel in den Bereich Venture Philanthropy und Social Finance hat Young-jin zahlreiche Early Stage Venture Deals als Investment Manager bei 3M's Corporate Venture Capital Unit durchgeführt und in verschiedenen Branchen und Regionen als Strategieberater bei der Monitor Group (heute Monitor Deloitte) gearbeitet. Young-jin hat einen Master-Abschluss in Maschinenbau (RWTH Aachen), International Business Studies (Universität Maastricht) und Politik, Philosophie und Wirtschaft (LMU München)

Stand vom 16.05.2018 11:52


 


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