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von Cristin Liekfeldt

Die Geschichte eines 17-jährigen Kernphysikers

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Die Geschichte eines 17-jährigen Kernphysikers

Mit neun Jahren begeistert sich Taylor Wilson für die Sterne, wie viele seiner Freunde auch. Doch Taylors Interesse geht viel tiefer als das der anderen Kinder.


Kapitel eins: Unbeschwerte Zeiten


Bei einem Besuch im NASA-Museum in Huntsville, Alabama, interessiert er sich vor allem für die riesigen Saturn-V-Raketen, mit denen amerikanische Astronauten zum Mond geflogen sind. Eine junge Museumsmitarbeiterin erläutert den Besuchern alle technischen Details der Rakete und während Taylor aufmerksam lauscht, kann sein Vater Kenneth Wilson endlich kurz durchatmen, weil sich einmal jemand anderes um den grenzenlosen Wissensdurst seines Sohnes kümmert.

Doch die Ruhe hält nicht lange an, denn der kleine Taylor unterbricht unvermittelt die Ausführungen der jungen Frau und beginnt den Besuchern davon zu erzählen, was die riesige Saturn-V-Rakete eigentlich zum Fliegen bringt. Er referiert über die Schwerkraft, den Triebwerksschub und seine Abhängigkeit von der Nutzlast, klärt die Zuhörer über die Vor- und Nachteile von flüssigem Brennstoff auf und spricht dabei so schnell, dass sich seine Stimme beinahe überschlägt. Schließlich ruft die junge Museumsmitarbeiterin den Leiter des Hauses mit den Worten herbei: „Diesen Jungen müssen Sie gesehen haben!“

So jedenfalls berichtet es Tomy Clynes, der bereits eine Biographie über Taylor Wilson verfasst hat, obwohl dieser heute erst 23 Jahre alt ist. In der Biographie erinnert sich Kenneth Wilson an diese Szene und beschreibt sie als Teil der „unbeschwerten Zeiten“, als sich sein Sohn noch für so harmlose Dinge wie Raketenwissenschaft interessierte. „Unbeschwerte Zeiten“- das war bevor sich Taylor für Bombenbau und Nuklearphysik begeisterte. Das war, bevor er die Garage der Eltern in ein Labor verwandelte, in dem er mit radioaktiven Substanzen hantierte und Kernreaktoren entwarf. Bevor Taylor sich den größten Problemen der Menschheit widmete: Krebs, Terrorismus und sauberer Energie.


Kapitel zwei: Wie man einen Kernreaktor in der Garage bastelt


Während seine Altersgenossen Football spielen, beschäftigt sich Taylor mit den Gesetzen der Thermodynamik. Mit zehn Jahren hängt er ein Periodensystem der Elemente in seinem Kinderzimmer auf. Nach nur einer Woche kennt er alle Kernladungszahlen, Massenzahlen und Schmelzpunkte auswendig. Sein Vater, der hauptberuflich Coca-Cola vertreibt, und seine Mutter, eine Yogalehrerin, können sich nicht erklären, woher er dieses Talent hat. Doch sie unterstützen ihren Sohn bei seinen Träumen, und seien sie noch so verrückt. Er wird an der Davidson Academy of Nevada für hochbegabte Schüler aufgenommen und kommt dort in Kontakt mit Physikern der University of Nevada.

Mit ihrer Hilfe beginnt Taylor im Alter von zwölf Jahren, einen Kernfusionsreaktor in der elterlichen Garage zu bauen. Seit jeher fasziniert von der Kraft der Sonne, hat er es sich in den Kopf gesetzt, seinen eigenen Stern zu erschaffen. Mit 14 Jahren sorgt er dann in den USA landesweit für Schlagzeilen, weil er der jüngste Mensch aller Zeiten ist, der einen funktionsfähigen Kernfusionsreaktor gebaut hat. Die Medien taufen ihn auf den Spitznamen „The boy that played with fusion“, der Jungen der mit der Fusion spielte. Und genau darin scheint das Erfolgsrezept des Jungen aus Arkansas zu liegen: Für ihn ist Physik nur ein Spiel, ein sehr komplexes Rätsel, das es zu lösen gilt. Die mediale Aufmerksamkeit bringt ihm sogar eine Einladung zum CERN ein, dem bekanntesten Kernforschungszentrum der Welt mit Sitz in der Schweiz.

Mit 17 Jahren gewinnt Taylor einen landesweiten, mit 50.000 Dollar dotierten Ingenieurswettbewerb. Mit ein paar Hundert Dollar Materialeinsatz hat er einen Neutronendetektor, der ohne teures Helium-3 auskommt und verwendet werden könnte, um in Gütercontainern geschmuggelte radioaktive Bomben aufzuspüren. Sein Detektor arbeitet präziser als die Geräte, die derzeit von den US-Behörden an Flughäfen und Containerhäfen eingesetzt werden und die mehrere Hunderttausend Dollar an Entwicklungs- und Betriebskosten verschlingen. Taylor meldet seine Erfindung zum Patent an und führt sie im Rahmen einer Wissenschaftsmesse dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama im Weißen Haus vor.


Taylor Wilson beim TED-Talk: Ich bin Taylor Wilson, 17 Jahre alt und Kernphysiker.
Taylor Wilson beim TED-Talk: Ich bin Taylor Wilson, 17 Jahre alt und Kernphysiker.", Quelle: Youtube.com


Kapitel drei: Nur mal kurz das weltweite Energieproblem lösen


Scheinbar ganz nebenbei entwickelt er auch noch ein Gerät, das radioaktive Isotope für medizinische Forschung in kleinen Mengen produzieren kann. Diese Isotope können bei Krebstherapien zum Einsatz kommen. Bisher benötigt man dafür noch spezielle Multi-Millionen-Dollar-Einrichtungen. Noch bevor Taylor volljährig ist, hält er seinen ersten Vortrag auf einer TED-Konferenz. Er stellt sich mit den Worten vor: „Hi, mein Name ist Taylor Wilson, ich bin 17 Jahre alt und ich bin Kernphysiker – auch wenn das für Sie schwer zu glauben sein mag, aber ich bin es.“ In diesem Kurzvortrag entwirft Taylor zwei Visionen für die Zukunft der Menschheit: Kernfusion kann erstens das Energieproblem lösen und zweitens können Kinder die Welt verändern.

„Kinder haben eine gewisse Neigung, die Dinge anders anzugehen und die Welt anders wahrzunehmen und das ist sehr hilfreich. Ich denke, dass wir heute eine Menge guter Wissenschaftler haben, die sich in derzeitigen System verbiegen und dadurch verlieren sie viel von ihrer Kühnheit.“

Er sagt das mit der Routine eines geübten Redners, der diese Thesen schon Hundert Mal vorgestellt hat. Ebenso routiniert erzählt er von seinem Fusionsreaktor, in dem er zwei Deuterium-Moleküle so hart aufeinander schmettert, bis sie verschmelzen. Dabei würden ein paar Nebenprodukte entstehen, die er sich für die Energiegewinnung zu Nutze machen würde. Der Mini-Reaktor erzeuge CO²-neutrale Energie ohne stark radioaktive Abfallprodukte. Wenn die Reaktion einmal in Gang gebracht wird, dauert sie theoretisch unendlich lange an. In der Praxis geht immer mal etwas schief, doch auch in diesem Fall droht – anders als bei Reaktoren, die auf Kernspaltung basieren – kein Super-GAU. Die kleine Sonne würde einfach in sich zusammenfallen und die Reaktion würde aufhören.

Taylors Fusionsreaktor hat nur einen Haken: Er rechnet sich nicht, denn er verbraucht mehr Energie als er erzeugt. Dieses Problem ist auch der Wissenschaft bekannt. Die besten Kernwissenschaftler der Welt wollen es in einer gemeinsamen Anstrengung lösen. Zu diesem Zweck wird derzeit ein gigantischer Fusionsreaktor (ITER) in Südfrankreich gebaut, in der Hoffnung, das Energieproblem der Menschheit für immer zu lösen. Doch der Ausgang des Projekts ist ungewiss und selbst wenn es erfolgreich sein sollte, verbleiben noch mehrere Jahrzehnte, bis Kernfusionsreaktoren in Serie produziert werden können.

"Mein Reaktor funktioniert 30 Jahre lang - ohne erneut mit Brennstoff befüllt zu werden."

Auch bei der Lösung dieses Problems will Taylor Wilson helfen. Dazu hat er eine Idee wiederbelebt, die in den 50er Jahren in den USA entwickelt wurde: Flüssigsalzreaktoren. Diese Reaktoren werden nicht mit angereichertem Uran oder Plutonium betrieben, wie herkömmliche Kernreaktoren. Sie werden nur einmal mit abgereichertem Uran oder Plutonium in Gang gebracht und können fortan mit nicht-spaltbarem Material wie Thorium betrieben werden. Man spricht dabei auch von „Liquide Fluoride Thorium Reactor“ (LFTR). 

Eine kleine, kostengünstige Version eines solchen Reaktors hat Taylor mit 18 Jahren entworfen, noch bevor er die Schule beendet hat.

„Bis Fusion eine Realität wird, könnten Flüssigsalzreaktoren die Energie-Quelle sein, die uns CO²-neutral mit Strom versorgt. Es ist eine fantastische Technologie. Nicht nur hilft sie uns im Kampf gegen den Klimawandel, sondern sie ist eine echte Innovation. Sie stellt eine Möglichkeit dar, günstig Energie in Entwicklungsländern zu produzieren. Denn diese Reaktoren werden industriell hergestellt und können überall in der ganzen Welt zum Einsatz kommen.“

Doch es gibt noch einen weiteren Vorteil dabei. Während des Kalten Krieges haben die USA riesige Arsenale von Atomwaffen angehäuft. „Wir brauchen diese Atomwaffen nicht mehr. Und was tun wir damit? Wir lagern sie, gut gesichert, in Silos. Wäre es nicht großartig, wenn wir sie verbrennen könnten, um Strom zu erzeugen? Dieser Reaktor liebt diese Brennstoffe und frisst sie begierig“, begeistert sich Taylor in einer TED-Präsentation. „Und das beste ist: Während bisherige Kernreaktoren nur 18 Monate lang laufen, ohne sie nachfüllen zu müssen, funktioniert mein Reaktor etwa 30 Jahre lang, ohne erneut mit Brennstoff befüllt werden zu müssen."

Auch die Frage, wie man Nuklearreaktoren baut, die nicht von Terroristen missbraucht werden können, spielte bei der Wahl des Reaktortyps eine Rolle. Denn der kleine Reaktor wird nur mit radioaktiven Stoffen betrieben, die sich nicht für eine schmutzige Atombombe eignen und daher für Terroristen uninteressant sind. Einen Witz kann sich der junge Kernphysiker in diesem ernsten Zusammenhang dennoch nicht verkneifen:


Kapitel 4: "Mein Nuklear-Programm ist so ausgereift wie das der Iraner"


„Ach übrigens, ich stelle Yellowcake [auch Gelbkuchen genannt, Ausgangsstoff für die Herstellung von Brennelementen; Anm. d. Red.] in meiner Garage her. Mein Nuklear-Programm ist also so ausgereift wie das der Iraner. Auch wenn sie das wahrscheinlich nicht zugeben würden.“

Auch das Thema Sicherheit ist Taylor sehr wichtig, denn spätestens seit Fukushima sei die Welt sehr skeptisch gegenüber jeglicher Form von Kernreaktoren. Taylors Reaktor arbeitet im Gegensatz zu herkömmlichen Salzwasser-Reaktoren nicht unter hohem Druck und nicht mit Wasser. Bei Salzwasser-Reaktoren, wie jenen in Fukushima oder Three-Mile-Island, führte die Erhitzung des Wassers dazu, dass sich Wasserstoff bildete. Das wiederum führte zu den zerstörerischen Explosionen, die radioaktives Material in die Umwelt schleuderten.

„Da es sich um einen Flüssigsalzreaktor handelt, der ohne hohen Druck arbeitet und nicht diese chemischen Reaktionen aufweist, bedeutet das, dass die radioaktiven Stoffe keine Neigung haben, den Reaktor jemals zu verlassen. Im Falle eines Unfalls wäre der Reaktor zwar Toast – sorry an die Betreiberfirma – aber es würde nicht zu einer Kontaminierung großer Landstriche führen.“


Taylor Wilson beschreibt seine Reaktor-Bau-Erfahrung, Quelle: Youtube.com
Taylor Wilson beschreibt seine Reaktor-Bau-Erfahrung, Quelle: Youtube.com


Taylors Augen funkeln vor Begeisterung, wenn er das erzählt. Das wunderlichste an diesem jungen Physik-Wunderkind ist wohl, dass er überhaupt nicht wie der menschenscheue Tüftler erscheint, sondern so komplexe Sachverhalte wie Kernphysik klar verständlich darlegen kann. Und bei all den gewichtigen Menschheitsfragen, mit denen er sich Tag ein Tag aus beschäftigt, hat er sich seine jugendliche Naivität bewahrt. Er sieht in der Heilung von Krebs, im weltweiten Terrorismus und dem Klimawandel keine bedrohlichen Katastrophen, sondern komplexe Rätsel, die nach einer Lösung fordern. Und man kann ihm ansehen, dass er fest daran glaubt, mit seiner Technologie die Welt zum Positiven zu verändern. In der Welt der Wissenschaft hat er sich mit seinen Ideen jedoch nicht nur Freunde gemacht.

„Heutzutage akzeptiert mich die Wissenschaftsgemeinschaft. Aber es war unglaublich hart an diesen Punkt zu gelangen. Wenn Menschen ihr ganzen Leben für etwas aufwenden, und dazu noch acht Jahre auf der Universität verbringen, erwarten sie, dass ein Kind nicht einfach in der Lage ist dasselbe zu tun.“

Anwendungsgebiete für seinen Thorium-Reaktor sieht er in der Raumfahrt, sowohl um Raketen zu betreiben, als auch um Raumstationen mit Strom zu versorgen. „Ich glaube, ich habe einen Reaktor entworfen, der eine innovative Energiequelle sein kann und der Strom für alle möglichen wissenschaftlichen Anwendungsgebiete produzieren kann.“, sagt er ganz bescheiden und blickt dabei schüchtern zu Boden. Nun will er seinen Reaktorentwurf Wirklichkeit werden lassen. „Ich bin absolut bereit, dass Realität werden zu lassen. Ich bin bald mit der Schule fertig und ich habe beschlossen, eine Firma zu gründen, um diese Technologie zu kommerzialisieren.“

Er habe schon angefangen, ein Team mit herausragenden Ingenieuren zusammenzustellen. Dem Ruf der Elite-Universitäten hat er widerstanden und sich stattdessen für ein Stipendium des US-Milliardärs Peter Thiel entschieden. Der verspricht jedem Studenten 100.000 Dollar, wenn er statt des Studiums direkt ein Projekt oder Unternehmen aufbaut. Seit dem arbeitet er am Helene Think Tank an seiner Idee. 

Seinen Vortrag auf der TED-Konferenz vor fachkundigem Publikum beendet der damals 19-Jährige mit einer philosophischen Anekdote:

„Ich denke, es hat etwas wirklich poetisches, dass wir Kernenergie nutzen könnten, um uns zu den Sternen zu schießen. Denn die Sterne sind riesige Fusionsreaktoren. Sie sind riesige Hexenkessel am Himmel. Die Energie, die es mir erlaubt hier und heute mit Ihnen zu sprechen, wurden zwar durch chemische Reaktionen in mein Essen verwandelt, stammte aber ursprünglich aus einer nuklearen Reaktion.“



 

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