von Cristin Liekfeldt

In der Höhle der Löwen

6 Minuten Lesezeit
In der Höhle der Löwen

Aesop, griechischer Dichter aus dem 6. Jahrhundert erdachte die Fabel vom altersschwachen Löwen, der durch eine List seine Beute in seine Höhle lockt, um nicht mehr jagen zu müssen. Demzufolge setze sich die Höhle des Löwen als Redensart für das Eintreten in eine gefährliche Situation fest. Unheilvolles Grollen, schnelles, bedrohliches Geigenspiel und gebanntes Warten baut auch Vox in seine Sendung „Die Höhle der Löwen“ ein.

Nach dem Ende der zweiten Staffel pitchten nach Angaben der Gründerszene über 115 Startups vor den fünf Investoren Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Steiner und Jochen Schweizer um deren Unterstützung – finanziell, durch Expertise und Erfahrungen.

Wie viele Deals kamen wirklich zu Stande?

Die Show wurde nach englischem („Dragon´s Den“ ) und amerikanischem Vorbild („Shark Tank“) konzipiert. Dank sehr guter Einschaltquoten und trotz einiger Kritik wird es eine dritte Staffel geben. Der Focus und der Blog Hamburg-Startups beispielsweise prangern die Glaubwürdigkeit und den Umgang mit den Startups an, da Deals, die vor der Kamera gemacht wurden, oft nicht zu Stande kamen. Auch das Handelsblatt bezeichnet die Show als für Zuschauer mit "gesundem Menschenverstand" vorhersehbar, bezeichnet die Show aber trotzdem als sehenswert. Immerhin wurden bisher 1,8 Millionen Euro in 11 Startups investiert, 5 Deals werden noch verhandelt: Koawach, My Schoko World, Dr. Severin, TobyRich und kleine Prints.

Welche Investment-Regeln beachten die „Löwen“?

Interviews mit Jochen Schweizer und Frank Thelen kristallisierten heraus, dass jeder „Löwe“ seine eigene Strategie hat: Jochen Schweizer ist risikoaffin und möchte von seinen Firmen aus unterstützen, Judith Williams und Vural Öger favorisieren Konsumentenprodukte wie die von Gobl Gürtel, PopcornLoop oder Von Floerke, Lencke Steiner investiert in Idee, Produkt und Team und Frank Thelen legt den Fokus auf Technik und digitale Vertriebswege.

Gemeinsam haben alle eines: sie investieren nicht außerhalb ihres Kompetenzbereiches, nicht in Geschäftsmodelle, von denen sie nichts verstehen. Lencke Steiner sagt zu Beispiel zu Maxim und Raphael Nitsche, die ihre Mathe-Nachhilfe-App Math42 vorstellten:

„Ihr habt mich komplett sprachlos gemacht. Ich finde euch irre und wahnsinnig und ich habe da Riesenrespekt vor, aber ihr seid einfach zu schlau für mich. Ich bin raus.“

Ein Hinweis, den auch Crowd-Investoren berücksichtigen können.

Vox schreibt auf der Website: Die Löwen investieren in „gute Ideen, durchdachte Businesspläne, harte Arbeit und eine überzeugende Persönlichkeit – wenn all das stimmt, stehen die Chancen auf ein Investment nicht schlecht. Da die Löwen keine Bank sind, sondern sich auch selbst im Unternehmen einbringen wollen, ist das Gesamtpaket umso wichtiger. Daher gilt es, auf ganzer Linie zu überzeugen.“

Und was läuft hinter den Kulissen?

Zwei Startups, die bei Companisto ein Crowdfunding gemacht haben, sind bisher in der Sendung zu sehen gewesen: Meine Spielzeugkiste und Foodist. Für Meine Spielzeugkiste kam ein Deal zu Stande (Jochen Schweizer und Frank Thelen investierten 300.000€ für 15% des Unternehmens), Foodist blieb hart und lehnte das Gegenangebot von 125.000€ für 25% Unternehmensanteile ab. Was sagen denn die Fernsehstars über die Vorgänge hinter den Kulissen?

Florian (meine Spiezeugkiste): Wir haben sehr lange mit den Löwen diskutiert und viele Fragen beantwortet. Die fertige und zusammengeschnittene Sendung kann das natürlich nicht zeigen. Bei der Aufzeichnung im Februar haben alle teilnehmenden Startups jeweils rund eine Stunde mit den Löwen verhandelt, die Nervosität ist hoch und es sind acht Kameras auf einen gerichtet. Die Situation, vor 2 Millionen Leuten unter Zeitdruck eine Jury und die Zuschauer zu überzeugen, war auch für mich noch mal eine ganz andere Hausnummer. Nach der Sendung folgt dann eine knallharte Due-Diligence mit den Investoren, in der alle Zahlen offengelegt werden müssen.

Alexander (Foodist): Der Pitch im Studio dauerte insgesamt über eine Stunde und besonders Frank Thelen hat die klassischen Investorenfragen zu Kennzahlen bei Abomodellen wie Kundenakquisitionskosten, Deckungsbeiträgen und Customer Lifetime Value gestellt, die den durchschnittlichen VOX-Zuschauer wenig interessieren.

Florian und Florian von MeineSpielzeugkiste.de und Ole und Alexander von Foodist hatten ihren Auftritt schon 
Florian und Florian von MeineSpielzeugkiste.de und Ole und Alexander von Foodist hatten ihren Auftritt schon 

Was waren die Auswirkungen der Sendung und was nehmt ihr von eurem Auftritt mit?

Florian (meine Spielzeugkiste): Der Traffic ist besonders während der Show, aber auch nach der Show enorm angestiegen. Wir hatten im Peak 28.000 Besucher auf einmal auf unserer Seite. Bisher konnten wir schon über 300 Neukunden gewinnen, so viele wie sonst in zwei Monaten. Frank kniet sich mit seinem fünfköpfigen Team seit Monaten in die Entwicklung der neuen Webseite rein und hat unseren Auftritt fundamental verbessert. Für uns hat sich seit der Aufzeichnung viel geändert – seitdem haben wir viel Aufmerksamkeit bekommen, viele Neukunden gewinnen können und einiges an TV- und Showbiz-Erfahrung sammeln können. Außerdem haben wir zwei großartige, neue Investoren dazubekommen. Vor allem von Frank Thelens Erfahrung im Onlinebereich haben wir enorm profitiert. Wir standen bei der Gestaltung der neuen Website in ständigem Austausch mit ihm und er half uns mit Know-how und Manpower unter die Arme. Jochen Schweizers Netzwerk und Marketingpower werden wir vor allem im Weihnachtsgeschäft nutzen, um Gutscheine zu verkaufen. Für uns ist das eine Traumkonstellation und wir sind begeistert von dem hohen Commitment der Investoren.

Ich kann jedem Unternehmer nur raten, an dieser Show teilzunehmen, das Format ist klasse! Allerdings sollte man sich wirklich gut darauf vorbereiten. Das ist schließlich Fernsehen und Fernsehen braucht Stories mit Gewinnern und Verlierern. Wenn man sich nicht gut vorbereitet, wird man auch so dargestellt und das ist im Endeffekt dann doppelte Strafe.

Alexander (Foodist): Dadurch, dass wir erst in der letzten Sendung der ersten Staffel ausgestrahlt wurden, konnten wir von den Erfahrungsberichten von anderen Online-Startups wie „Meine-Spielzeugkiste“ profitieren. Wir wurden vor den Ansturm von bis zu 28.000 gleichzeitigen Seitenbesuchern vorgewarnt und haben unsere Serverkapazitäten und die Seitenkomplexität dementsprechend angepasst. Und obwohl wir vorgewarnt waren, gingen die Server in die Knie, denn eine Stunde nach Ausstrahlung verzeichneten wir 250.000 Seitenaufrufe, innerhalb der ersten 14 Stunden nach der Ausstrahlung gewannen wir zusätzliche 1.700 Foodist Box-Abonnenten, was derzeit zehn Bestellungen pro Minute entspricht. Außerdem erhielten wir etliche Interviewanfragen und viele Hersteller haben sich gemeldet, die ihre Produkte in der Foodist Box präsentieren möchten.

Die Löwenhöhle im Wandel - was wird sich ändern?

Die neue Staffel wird ohne Lencke Steiner und Vural Öger stattfinden. Steiner tätigte von allen Investoren die wenigsten, nämlich nur zwei Investitionen über insgesamt 100.000€ bisher und war meist raus ("Ich bin raus:" ist der meist-zitierteste Satz von ihr). Öger musste für zwei seiner Firmen Insolvenz anmelden und wird sich wohl in Zukunft auf andere Dinge konzentrieren, möchte jedoch auch weiter in Startups investieren. Seinen Platz wird Ralf Dümmel einnehmen. Der Unternehmer begann seine Karriere bei DS Produkte und lebt in Hamburg. In einem Interview der Gründerszene sagte er, er werde den Fokus vor allem auf Menschen, nicht auf Zahlen legen. Wenn das perfekte Team dann auch noch die perfekte Produktidee mit Potential mitbringt, dann sei er nicht mehr zu halten. Außerdem wird Carsten Maschmeyer die Jury vervollständigen.

Damit stellt Vox vor allem eines sicher: Die Show bleibt definitiv im Gespräch.


 

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