Die Liquidationspräferenz ist ein zentraler Begriff im Bereich Venture Capital und Private Equity. Sie beschreibt die Reihenfolge und Priorität, in der Investoren im Falle eines Verkaufs, einer Insolvenz oder einer Liquidation eines Unternehmens ihr investiertes Kapital zurückerhalten.
Unter Liquidationspräferenz versteht man das vertraglich vereinbarte Recht eines Investors, im Liquidationsfall vor den Gründern und anderen Gesellschaftern eine Auszahlung zu erhalten. Ziel ist es, das Risiko der Investoren zu minimieren, da Start-ups oft ein hohes Ausfallrisiko haben.
Wird ein Unternehmen verkauft oder liquidiert, wird der erzielte Erlös nicht einfach gleichmäßig verteilt. Stattdessen gilt folgende Reihenfolge:
Investoren mit Liquidationspräferenz erhalten zuerst ihr eingesetztes Kapital zurück – eventuell mit einem vereinbarten Vielfachen.
Danach teilen sich die übrigen Gesellschafter (z. B. Gründer, Mitarbeiter mit ESOP) den Restbetrag.
Beispiel:
Ein Investor hat 1 Mio. Euro in ein Start-up investiert und eine 1x Liquidationspräferenz. Das Unternehmen wird für 2 Mio. Euro verkauft. Der Investor erhält zuerst seine 1 Mio. Euro zurück, die verbleibenden 1 Mio. Euro werden unter den anderen Gesellschaftern verteilt.
1x Präferenz: Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in einfacher Höhe.
Mehrfache Präferenz (z. B. 2x, 3x): Investoren erhalten das Zwei- oder Dreifache ihres Investments zurück, bevor andere profitieren.
Participating Preference (mit Gewinnbeteiligung): Der Investor erhält zuerst sein Kapital zurück und beteiligt sich anschließend zusätzlich an der Ausschüttung des Restbetrags.
Non-Participating Preference (ohne Gewinnbeteiligung): Der Investor entscheidet, ob er sein eingesetztes Kapital (mit Präferenz) zurücknimmt oder stattdessen wie ein Gesellschafter am Gesamterlös partizipiert.
Für Investoren ist die Liquidationspräferenz ein wesentliches Schutzinstrument. Sie reduziert das Risiko, im Falle einer geringen Exit-Bewertung Verluste zu erleiden. Gleichzeitig erhöht sie die Wahrscheinlichkeit, zumindest das eingesetzte Kapital zurückzuerhalten.
Für Gründer kann eine hohe oder ungünstig ausgestaltete Liquidationspräferenz problematisch sein. Im Falle eines mittelmäßigen Exits könnte es passieren, dass fast der gesamte Verkaufserlös an die Investoren geht, während für Gründer und Mitarbeiter kaum etwas übrigbleibt. Daher ist die genaue Vertragsgestaltung ein kritischer Verhandlungspunkt.
Kritiker bemängeln, dass hohe Liquidationspräferenzen Anreize verzerren können. Gründer könnten dadurch weniger motiviert sein, einen Verkauf zu akzeptieren, wenn für sie selbst kein Gewinn bleibt. Andererseits sichern sie Investoren ab, was wiederum Investitionen in risikoreiche Start-ups attraktiver macht.