Anne-Katrin Maier ist durch ihren Blog Crowdfunding-Anleger.de eine der öffentlichen Stimmen im Bereich Crowdfunding-Anlagen und Crowdinvesting. Sie beschreibt aktuelle Investmentchancen und Entwicklungen in der FinTech-Branche. Wir haben mit ihr über kritische Fragestellungen innerhalb der Crowdfinanzierung gesprochen und nach ihrer Motivation gefragt, weshalb sie eigentlich in Startups investiert. Durch Gespräche wie diese hoffen wir, die Form des Crowdinvestings noch schneller weiterentwickeln zu können.
Cristin: Hallo Anne-Katrin! Du betreibst den Blog crowdfunding-anleger.de jetzt seit über einem halben Jahr. Wie kam es, dass dich die Lust an der Crowdfinanzierung packte? Warum interessierst du dich dafür?
Anne-Katrin Maier: Eigentlich bin ich Beraterin für Unternehmenskommunikation, baue aber auch eigene Startups auf. Mein letztes Projekt war finmar, eine Crowdlending-Plattform für mittelständische Kredite. Die Idee eines Freundes, Unternehmern über ihre Finanzierung zusätzlich noch einen Werbeeffekt zu verschaffen, hatte mich begeistert und ich stieg in sein Team ein.
Finmar ist leider gescheitert, aber als es zu Ende ging hatte ich mir einen wirklich guten Einblick in die Szene erarbeitet. Den wollte ich nicht einfach so verpuffen lassen und wieder zur Tagesordnung übergehen. Außerdem traf ich bei finmar immer wieder auf die Skepsis der Anleger. Sie hatten keinen neutralen Ort, an dem die Risiken und Chancen der Crowdfinanzierung für sie diskutiert wurden. Diese Lücke wollte ich füllen und startete Crowdfunding-Anleger.
Cristin: Und was genau thematisierst du auf deinem Blog?
Anne-Katrin Maier: Private Anleger sind gegenüber der Crowdfinanzierung immer noch skeptisch - zu Recht. Denn ihr Geld haben sie erarbeitet und versteuert; was sie investieren, geht von ihrem Netto-Gehalt ab. Obendrein können sie auch keine Verluste gegen Gewinne aus ihren Geldanlagen gegenrechnen. Damit stehen sie komplett anders da als professionelle Investoren. Und genau deshalb müssen sie viel risikoaverser agieren.
Im Blog befasse ich mich deshalb damit, welche Formen der Crowdfinanzierung welche Chancen und Risiken mit sich bringen. Wann sollte man investieren, wann nicht? Welche Projekte sind überhaupt derzeit am Markt und welche Konditionen bieten sie? Auf diese Fragen sollen Leser Antworten finden, um dann möglichst gut informiert selbst entscheiden zu können.
Cristin: Welche Form der Crowdfinanzierung hat es dir besonders angetan? Und vor allem: Warum?
Anne-Katrin Maier: Als Bloggerin ist es das Crowdinvesting. Hier spielt derzeit einfach die lauteste Musik: Neue Plattformen tauchen auf, Ideen kommen auf den Markt, Rendite-Modelle verändern sich, spektakuläre Projekte starten, manche straucheln. Da gibt es viel zu gucken und zu berichten, da schlägt das Bloggerherz höher.
Als private Anlegerin denke ich aber ein wenig anders. Neben der Rendite ist mir der Sinn der Geldanlage wichtig. Denn das wird oft vergessen: Crowdfinanzierungs-Projekte bieten Rendite UND Sinn. Bei schlichten Bank-Anlagen weiß ich oft gar nicht genau, wie mein Geld die Rendite überhaupt erarbeitet. Vielleicht arbeitet es in Projekten, die ich gar nicht fördern will, weil sie meinen moralischen Vorstellungen nicht entsprechen. Das kann ich im Crowdfinance-Bereich sehr genau steuern und mich freuen, wenn die Unternehmer Ziele erreichen, die ich persönlich als unterstützenswert empfinde. Deshalb ist mir bei meinen Anlagen die Form nicht so wichtig wie die Kombination aus Rendite und Sinn und die kann man in jeder Crowdfinanzierungs-Form haben.
Cristin: Durch deine Arbeit bei finmar hast du schon seit über vier Jahren Fintech-Erfahrung. Was tut sich in dem Bereich, was hat sich verändert?
Anne-Katrin Maier: Als wir mit finmar starteten, konnten wir noch nicht kopieren. Wir entwarfen ein Geschäftsmodell und konnten kaum auf Vorlagen oder Erfahrungswerte zurückgreifen. Das ist heute anders. Wer eine Crowdfinance Plattform aufziehen will, kann auf Whitelabel-Lösungen mit Standard-Einstellungen zurückgreifen oder ein bestehendes Geschäftsmodell kopieren. Es ist viel leichter geworden, eine Crowdfinance-Seite aufzuziehen. Deshalb gehen auch so viele neue Plattformen an den Start.
Das finde ich grundsätzlich gut, frage mich aber, wie es weitergehen soll. Wenn ich mir zum Beispiel das Immobilien-Crowdinvesting ansehe: Wie viele Plattformen sollen noch starten? Oder das Startup-Crowdinvesting: Wie viele Spezial-Plattformen wird es noch geben? Ist es wirklich sinnvoll für die Anleger, wenn sich die Plattformen derart stark spezialisieren?
Das Thema Fintech ist ein Hype, der erst in den letzten zwei, drei Jahren so richtig aufgekommen ist. Venture Capital Geber waren durchaus spendabel, einfache Payment-Apps galten als die nächsten Überflieger und wurden von Branche und Presse beklatscht. Nun zeichnet sich die Abkühlung ab, weil das Thema Rentabilität zunehmend beachtet wird. Und da sehen wir: Es ist nicht unbedingt leicht, Geld im Fintech-Bereich zu verdienen, wenn man nicht mit anderen Produkten quersubventionieren kann. Ein Problem, das die Banken schon etwas länger kennen.
Cristin: Welche Zukunft prognostizierst du demnach dem Crowdfunding?
Anne-Katrin Maier: Da kommt es ein wenig drauf an, von welchen Crowdfunding-Formen wir sprechen. Ich denke, die produkt- und spendenbasierten Crowdfunding-Formen stehen ganz gut da und werden sich halten. Ich glaube nicht, dass so viele neue Plattformen hinzukommen oder viele schließen. Dort scheint der Markt derzeit relativ stabil verteilt.
Den Crowdfinance-Bereiche sehe ich schon eher am Scheideweg und zwar aufgrund der Rentabilität. Einerseits müssen die Plattformen die Rentabilität für sich selbst erhöhen, andererseits die Interessen der Anleger stärken. Letztlich stecken die Plattformen da in einem Dilemma, speziell beim Crowdinvesting.
Der Gesetzgeber hat sie nämlich mit dem Kleinanlegerschutzgesetz in die klare Richtung gedrängt, Nachrangdarlehen zu vergeben. Das Nachrangdarlehen ist für Anleger aber mit recht hohen Risiken verbunden und so gesehen eine ziemlich schlechte Wahl. Die ersten Versuche von Plattformen, diese Risiken abzupuffern, greifen noch nicht so richtig. Also müssen sich die Plattformen andere Mittel ausdenken. Die zu finden ist aber schwierig, denn die zu finanzierenden Unternehmen haben ja auch Interessen. Die Crowdinvesting-Plattformen sitzen also zwischen allen Stühlen und müssen über kurz oder lang wirkliche Innovationen an den Start bringen, um die Anlageklasse zu erhalten.
Cristin: Nachrangdarlehen sind durch die Möglichkeit zur Kündigung des Darlehens aber im eigentlichen Sinne sogar besser als die Investition von Eigenkapital. Dies hat unser Gründer Tamo auch mal in dem Beitrag "Kampf der Beteiligungsformen" zusammengefasst. Das Zwischen-den-Stühlen-Gefühl, das du beschreibst, kennen wir allerdings gut. Wir versuchen, die Interessen der kapitalsuchenden Startups und die Interessen der Investoren zu bedienen, was tatsächlich gar nicht so leicht ist.
Investierst du denn trotz der Risiken selbst in Startups oder Crowdfunding-Projekte? Was für Tipps kannst du Investoren geben?
Anne-Katrin Maier: Viele Leute lachen, wenn ich das sage, aber ich meine es wirklich ernst: Investiere nur das Geld, dessen Verlust du würdevoll ertragen kannst. Der Betrag, den du schulterzuckend und in Würde verlieren kannst ist okay, sobald sich deine Augen beim Gedanken an Verlust verengen, solltest du nicht mehr investieren. Meine Tipps dabei wären diese:
• Teile diesen Betrag auf so viele Projekte wie möglich auf und streue breit über so viele Anlageklassen wie möglich.
• Nimm nur Projekte, deren Geschäftsmodell du verstehst.
• Nimm nur Projekte, deren Zahlen du glaubst.
• Nimm nur Projekte, deren Projektteams du zutraust, mit ihrer Erfahrung und ihrem Talent das Projekt erfolgreich zu machen.
• Definiere für dich den Sinn in deiner Geldanlage, denn es geht nicht nur um Rendite.
• Investierst du in Startups, dann hilf ihnen beim Erfolg. Sprich über sie und mache sie bekannt.
Genau nach diesen Kriterien investiere ich auch.
Cristin: Vielen Dank für das Interview, liebe Anne-Katrin!
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