62% der Deutschen zahlen noch bar. Und der Rest? Wir zahlen mit EC- und Visakarte, überweisen oder - wedeln einmal mit dem Smartphone. Kredite kann man jetzt auch über Plattformen von Privatpersonen bekommen (Peer-to-Peer-Lending) und online investieren. Was da in Zukunft noch kommen mag, wurde auf der Wired Money Konferenz in Berlin besprochen. Ein Einblick.
Die weitläufige Halle der Heeresbäckerei in Berlin vibriert. Freudiges Händeschütteln, ein erster schüchterner Blick zum neugewonnenen Sitzpartner, Raunen, Lachen. Man kann trotzdem die Twitterer auf ihrem Handy tippen hören. Ein Gemisch aus Jacketts, Blusen und grauen T-Shirts. Ein Gründer mit Kaputzenpulli. Die neue Generation Banker. Zwischen den hochgewachsenen Konferenzteilnehmern immer wieder bekannte Gesichter. Morten Lund zum Beispiel, den wir aus dem Artikel "10 Entrepreneure, die vor ihrem Erfolg so richtig scheiterten" kennen. Außerdem Peter Smith von Blockchain, Mark Hoffmann und Nikolaus Röttger von Gründerszene und dem Magazin Wired, die die Konferenz heute veranstalten, oder Michael Koch, der die neu gegründete "digital factory" der Deutschen Bank in Frankfurt leitet.
Es geht um Geld.
Investments, Bezahlservices, Plattformen für Privatkredite, Krypto-Währungen, Versicherungen, das Fallen und Wiederaufrappeln der Banken - heute kommt alles auf den Tisch.
Bo Brustker von NSR Investments berichtet vom unstillbaren Hunger der Amerikaner auf Produkte und Consumer Goods. Demzufolge hätten viele amerikanische Haushalte ein Schuldenproblem, und langfristig Schwierigkeiten, neue Kredite zu bekommen und die alten abzubezahlen. In Folge dessen explodiert das Peer-to-Peer-Lending (Privatleute geben anderen Privatleuten Kredite und bekommen dafür Zinsen) im amerikanischen Raum. Und der Finanzsektor reagiert: Man verbessert die Services und Strukturen, nutzt mehr Daten und lernt Risiken so besser einzuschätzen. Wenn schon der Roboter dem Banker die Wurst vom Brot nimmt, dann muss man eben lernen, sich anzupassen. Einen Pivot hinlegen, heißt das in der Startup-Welt - sich neu ausrichten.
Die Menschen fangen an, über die Landesgrenzen hinaus zu investieren. Warum nur deutsche Aktien kaufen? Oder nur in deutsche Startups investieren? Das Leben wird globaler, man lebt über die Grenzen hinaus, bestätigt Kaidi Ruusalepp, Gründerin von Funderbeam, einer Plattform aus Estland. Man brauche ein einheitliches Konzept zu cross-border (über die Grenzen hinaus gehende) Investments, eine Autorität, die Ansprechpartner für alle ist. Funderbeam verschlüsselt und sichert die Daten durch die Blockchain-Technologie, ein Punkt, zu dem wir gleich noch kommen.
"Die Philosophie des Investierens verändert sich." Kaidi Ruusalepp, Funderbeam
Finanzielle Entscheidungen werden emotional. Wir möchten teilhaben, an den Innovationen und Neuerungen der Welt und die klugen Köpfe dahinter unterstützen. Informationen werden transparent und ansehnlich präsentiert, der Datendschungel wird einfacher zu durchschauen - die Investoren auf Crowdfunding-Plattformen dadurch zu einer kritischen Masse: Sie kennen die Zahlen, das Risiko und beurteilen, wie gut das angebotene Produkt oder die Dienstleistung ist. Die Philosophie des Investierens verändert sich.
David Rhonik, Gründer der Börsenhandels-App Stash, sieht das genauso. Er und seine Mitgründer interviewten rund 100 Menschen zwischen 20 und 30 Jahren und stellten fest, dass alle nicht an der Börse handelten. Kein einiziger. Warum? Weil sie dachten, nicht genug Geld dafür zu haben oder nicht wissen wie es geht. Rhonik´s Vision? "Wir wollen geldanlegen zu etwas machen, das einfach ist und Spaß macht." Über Newsletter und Tutorials bringen die Gründer den Neu-Investoren bei, wie der Handel mit Wertpapieren funkioniert. Dabei haben sie selbst 30 Investmentmöglichkeiten zusammengestellt und Indexe mit Firmen gegründet, die dann "Internet Titans" (Der First Trust Dow Jones Internet Index Fund) oder "Clean and Green" (Investments in grüne Technologie-Firmen) heißen. Der Nutzer investiert in Werte wie Innovationen im Internet oder grüne Technologien. Per Smartphone. Monatliche Gebühr? Einen Dollar. Ab einem Depot von über 5.000$ kommen 0,25% der Gesamtsumme als Gebühren oben drauf.
Genau das ist gemeint, wenn dem Banker die Wurst geklaut wird.
"Warum die digitalen Währungen die Zukunft sind?" fragt Peter Smith, CEO und Mitgründer von Blockchain, sich selbst und gibt auch gleich die Antwort: "Na weil die bisherige Infrastruktur scheiße ist, das Netzwerk unsicher ist und furchtbar bereitgestellt wird und eine Überweisung von New York nach New Yersey locker drei Tage braucht."
Bei der Blockchain geht es um nichts anderes als die Evolution des Werte-Transfers.
Anfangs zahlten wir noch mit Checks oder den Münzen und Scheinen, die wir sorgfältig aufbewahren. Das ist die analoge Zahlweise. Man ging dann mit einem Scheck zu Bank und die Mitarbeiter dort zahlten einem den Wert dessen aus. Dann, mit der Digitalisierung, brauchten wir keine Schecks mehr sondern nutzten zunächst die Banküberweisungsscheine und konnten das später am Terminal selbst eingeben. Trotzdem baut dies auf dem gleichen, analogen System der Schecks auf. Und daher kommen jetzt E-Wallets ins Spiel, digitale Systeme, die das Überweisen für uns absichern und super schnell Geld von einem Konto auf das andere transferieren.
Blockchain ist der Name der Technologie, auf die sich die Banken stürzen, um nicht von ihr abgeschafft zu werden. es handelt sich dabei um eine verschlüsselte Datenbank, die der User auf seinem Computer installiert. So kann jeder, der das Programm besitzt, die Transaktionen einsehen. Diese Transaktionen werden als Block gespeichert und jeder Server wird gleichzeitig auf den neuesten Stand gebracht. Das heißt: Wenn ich 50 Euro überweise, dann ist das ein Block. Dieser Block wird auf allen Rechnern gleichzeitig aktualisiert, wodurch eine Kette von Ereignissen entsteht. Von diesem Block (dieser Transaktion) können also alle, die Blockchain installiert haben, wissen und Kopien des "Deals" werden auf jedem Rechner gespeichert. Das ist die "Ereigniskette" - die Blockchain. Durch die Transparenz und mögliche Nachverfolgung aller Transaktionen werden Mittelsmänner wie Banken überflüssig. Und dennoch stürzen die sich auf die Technologie. Warum, deckt nun ein Artikel im Wired Magazin auf. Dort heißt es von Daniel Diemers (Vizepräsident der Beratungsfirma Strategy&):
"Wir werden mit ihr bezahlen, Geld wechseln, unsere Daten verschlüsseln. Wir können unsere wertvollsten Dinge neu organisieren, Kunstbestände dieser Welt auflisten, Grundbuchämter und Schiffsregister ersetzen oder automatische Verträge schließen."
Außerdem könne auch Banken mit der neuen Technologie sparen: Bis zu 20 Milliarden Dollar jährlich, die man sonst für Wechselkurse, Bürokratie oder Infrastruktur zahlen würde.
Zunächst beobachten wir jedoch weiter eine Disruption der Banken durch die FinTech-Angriffe, denn diese setzen eben dort an, wo traditionell im Bankensektor das Geld verdient wird: Durch Gebühren, Zinsrückzahlungen und Beratungskosten. Warum zu einem Bankberater gehen, der mehr Verkäufer ist als Helfer, wenn auch ein Algorithmus mir meine Investments verwalten kann? 40 - 50% des Geschäftes können wegfallen, so die Firma McKinsey. Trotz der Bemühungen der großen Banken. Und so sammeln die FinTechs weiter Geld ein, um zu wachsen, während die Banken bis 2035 die Hälfte aller Filialen schließen könnten.
Auch wenn man bei Starbucks mittlerweile nur kurz das Smartphone schütteln muss, um zu zahlen - Die digitale Revolution ist noch ganz am Anfang. 33% der Millenials (also die um die Jahrtausendwende Geborenen) glauben, bald vollkommen ohne Bank auszukommen.
Und anhand der vielen Startups, von denen zum Beispiel Cringle, SatoshiPay oder SlimPay auf der Wired Money Konferenz vorgestellt wurden, bin ich der festen Überzeugung, dass das klappen könnte. Und ihr?
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