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von André Jasch

Wie Startups die Gesundheitsbranche verändern

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Wie Startups die Gesundheitsbranche verändern

Die Gesundheitsbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen: eine stark alternde Gesellschaft und ein damit verbundener Anstieg an chronisch Kranken, steigende gesetzliche Anforderungen und ein erhöhter Kostendruck. Als ein möglicher Ausweg erscheint die Digitalisierung der Branche. Die Hoffnungen sind groß: schlankere Prozesse, eine effizientere Verwaltung und eine bessere Verzahnung aller Beteiligten, vom Patienten über Ärzte und Krankenhäuser bis hin zur Krankenkasse. Doch damit die Transformation ins digitale Zeitalter gelingen kann, müssen hohe Hürden genommen werden.

Das Gesundheitswesen hinkt bei der Digitalisierung hinterher, was besonders fatal ist, da es eine der wichtigsten Säulen der deutschen Wirtschaft darstellt. Es erwirtschaftet laut Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) rund 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und ist in den letzten Jahren stabiler und stärker gewachsen als die restliche Wirtschaft. Dazu trage vor allem der Bereich der industriellen Gesundheitswirtschaft bei, der hochinnovative Produkte für Diagnose, Behandlung und Therapie von Krankheiten hervorbringe, so das BMWi.


Gesundheitssektor steht vor gewaltigen Herausforderungen

Die Gesundheitsbranche scheint die Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt zu haben, wie eine Studie im Auftrag der Telekom zeigt. Immerhin 42 Prozent der befragten Einrichtungen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen haben das Thema Digitalisierung weit oben auf die Agenda gesetzt und erkannt, dass von dieser Transformation ihr künftiger Erfolg abhängt. Im Vergleich dazu hatten nur 24 Prozent der Einrichtungen das Thema im Vorjahr priorisiert. Die Branche arbeitet kontinuierlich an der Digitalisierung, doch die Hürden sind nach wie vor hoch. Im Branchenvergleich liegen sie mit 54 von 100 Indexpunkten genau im Durchschnitt.

Doch die Einrichtungen des Gesundheitswesens gelten als starr und unflexibel, wenn es darum geht, neue technologische Möglichkeiten zu integrieren. „Die Branche benötigt umfassende Veränderungsprozesse, die deutlich über die Umsetzung herkömmlicher Maßnahmen hinausgehen“, sagt Dr. Martina Oldhafer, Leiterin des Bereichs Change-Management am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, gegenüber dem Fachmagazin IT-Business. „Wir müssen grundlegend umdenken und an mehreren Stellschrauben gleichzeitig drehen, ansonsten scheitert unsere personal- und kostenintensive Branche an ihrer Finanzierbarkeit oder am Fachkräftemangel.“

In ihrer Studie „Herausforderungen der Gesundheitsbranche 2017 – 2021“ zeigt Dr. Oldhafer die größten Hürden der Branche auf: wachsender Kostendruck (95 Prozent), Umgang mit steigenden regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen (93 Prozent), Digitalisierung (89 Prozent) und zunehmende Anforderungen an die Bindung von Talenten (84 Prozent). Es sind vor allen Dingen die vorherrschenden traditionellen Denkmuster, die einer Veränderung im Weg stehen. Dies bestätigt auch Kay Balster, Senior Investment Manager beim High-Tech Gründerfonds (HTGF), im Interview mit Companisto. Er ist einer der „altgedienten“ Mitarbeiter des halbstaatlichen Risikokapitalgebers. Seit 2009 finanziert er insbesondere Startups aus der Biotechnologie- und Medizintechnikbranche. 


Digital Health: Milliarden-Markt mit hohem Wachstumspotenzial

„Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach die Mentalität im Gesundheitsbereich. Ich kenne einige Leute, die in diesem Bereich tätig sind und die berichten mir, dass man sich dort nur langsam für neue Entwicklungen öffnet“, so Balster. „Viele Prozesse könnten schon heute durch Technologie besser gemacht werden. Doch manchmal macht schon allein die alte Bauart vieler Krankenhäuser mit dicken Wänden aus Beton und Stahl die umfassende Internetversorgung zum Problem. Unglaubliche Prozesse werden unnötigerweise noch immer auf Papier dokumentiert. Das schreit geradezu nach Optimierung, auch weil es sehr fehleranfällig ist.“

Dass die Digitalisierung für den Gesundheitssektor großes Potential birgt, verdeutlicht auch eine Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger. Demnach könnte allein das Marktvolumen der digitalen Pharmaindustrie bis zum Jahr 2020 auf mehr als 200 Milliarden Euro Umsatz anwachsen. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von rund 20 Prozent. Getrieben wird das Wachstum durch den Big-Data-Trend.

Die steigende Menge gesundheitsbezogener Daten lässt neue digitale Geschäftsmodelle entstehen. Eine stetig wachsende Zahl an Startups hat den Gesundheitssektor daher als einen vielversprechenden und vor allem stark wachsenden Markt für sich identifiziert. Das verdeutlicht eine Liste des Branchenportals „Für Gründer“ mit den Top-50-Startups aus Deutschland. Die Top-3-Jungunternehmen arbeiten alle im Gesundheitssektor. Insgesamt stammen 12 von 50 aufstrebenden Startups aus den Bereichen Medizintechnik und Health & Life Sciences.

Diese Startups befassen sich zum einen mit der Digitalisierung vorhandener Prozesse, etwa in Form der elektronischen Patientenakte, Telemedizin oder Mobile-Health-Applikationen (M-Health). Aber sie entwickeln ebenso hochinnovative Medizinprodukte: automatisierte Labore zur verbesserten Krebsdiagnose, medizinische Geräte zur nicht-invasiven Blutzuckermessung, neuartige Desinfektionsmittel für eine verbesserte Hygiene, Algorithmen für eine effizientere Herz-Kreislauf-Diagnose, Reha-Roboter und digitale Therapiesysteme für Schlaganfall-Patienten.


Startups geben der Gesundheitsbranche neue Impulse

Innovative Startups können einen wichtigen Beitrag dafür leisten, die Gesundheitsbranche für die kommenden Herausforderungen zu wappnen. Denn im Gegensatz zu den dort vorherrschenden eingefahrenen Denkmustern, bringen sie Einfallsreichtum und Flexibilität mit. Deshalb achtet auch Kay Balster bei seiner Auswahl der Startups vor allem auf das Gründerteam. „Die wichtigsten drei Kriterien lauten: Team, Team und Team. Es ist die einzige bekannte Variable in dieser Gleichung. Ein gutes Team sollte das Wissen und die nötige Erfahrung mitbringen. Es sollte eine große Portion Enthusiasmus für seine Idee mitbringen. Wichtig ist aber auch eine gewisse Flexibilität, so dass es in schwierigen Zeiten – und die kommen ganz sicher – schnell einen guten Plan B parat hat.“

Ein klarer Trend im Markt geht dabei hin zur Individualisierung. Ein weiterer Trend ist, dass der Patient selbst stärker und aktiver in den gesamten Prozess, von der Prävention über die Diagnose bis zur Therapie, eingebunden wird. „Früher war es der niedergelassene Arzt oder das Krankenhaus, an dem allein die Leistungen erbracht wurden. Das vermischt sich immer mehr“, so Balster. „Einige Parameter werden mittels moderner Technologie auch von außerhalb erbracht. So ist die Bundesärztekammer nun auch offen für Fernbehandlungen und Skype-Diagnosen. Immer mehr neue Techniken werden genutzt, um Diagnosen zu stellen.“

Als Beispiel für die Einbindung des Patienten nennt der Investment-Manager das Produkt CardioSecur der Personal MedSystems GmbH, einem Unternehmen aus dem HTGF-Portfolio. Es handelt sich dabei um ein App-basiertes mobiles EKG mit 4 Sensoren. CardioSecur misst 15 Kanäle (Sichtachsen) auf das Herz, während Standard-EKGs nur 12 messen. „Das muss man sich mal vorstellen: ein einfaches mobiles Gerät für zuhause und unterwegs – kein ‚Hardcore-Medical-Device‘ – ist besser als der bisherige Goldstandard auf dem Gebiet.“


Branche stellt Chancen der Digitalisierung in den Vordergrund

Eine große Herausforderung bestehe darin, alle wichtigen Entscheider im Gesundheitsbereich miteinzubeziehen, um die Akzeptanz neuer Verfahren zu erhöhen. Nicht nur der Krankenhaus-Direktor und der IT-Leiter wollen von der neuen Entwicklung überzeugt werden, auch Pflegekräfte und Ärzte müssen den Sinn darin erkennen. Am Beispiel von CardioSecur bedeutet das etwa, den Arzt nicht aus der Wertschöpfungskette zu verlieren, sondern ihn auf seine neue Rolle einzustellen. Statt wie bisher selbst EKG-Messungen durchzuführen und dafür vergütet zu werden, könnte seine Rolle in Zukunft darin bestehen, sich nur noch auf die Auswertung der EKG-Daten zu beschränken.

Daran zeigt sich, dass Startups der Gesundheitsbranche die nötigen Impulse geben können. Denn im Gegensatz zu eingefahrenen Denkmustern, bringen Gründer von MedTech-Startups Einfallsreichtum und Flexibilität mit. Deshalb achtet der erfahrene HTFG-Investment-Manager bei der Auswahl vor allem auf das Gründerteam. „Die wichtigsten drei Kriterien lauten: Team, Team und Team. Es ist die einzige bekannte Variable in dieser Gleichung. Ein gutes Team sollte das Wissen und die nötige Erfahrung mitbringen. Es sollte eine große Portion Enthusiasmus für seine Idee mitbringen. Wichtig ist aber auch eine gewisse Flexibilität, so dass es in schwierigen Zeiten – und die kommen ganz sicher – schnell einen guten Plan B parat hat.“

Um die Digitalisierung der Gesundheitsbranche zur Erfolgsgeschichte zu machen, braucht es vor allem ein Umdenken innerhalb der Branche. Die Chancen dieses Prozesses für alle Beteiligten müssen in den Vordergrund gerückt werden – für Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und nicht zuletzt für die Patienten. „Die Mitbestimmung und Autonomie des Patienten in der Behandlungsentscheidung werden deutlich zunehmen“, sagt Juliane Zielonka, Managing Director des Startupbootcamp Digital Health Berlin, gegenüber dem medizinischen Fachportal DZW. „Damit entstehen neue Behandlungspfade, und die bisherigen Beziehungen zwischen Patient und Arzt oder Krankenversicherung sowie zwischen Arzt oder Apotheker und Pharmaindustrie verändern sich aufgrund der digitalen Transformation.“ 

Ein erster Schritt in diese Richtunge wurde Anfang Mai vollzogen. Der Deutsche Ärztetag in Erfurt hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass Patienten künftig auch ausschließlich aus der Ferne behandelt werden können. Bislang hatte das Fernbehandlungsverbot besagt, dass Ärzte neue Patienten nur nach persönlichem Gespräch behandeln dürfen – ein erstes persönliches Gespräch war also zwingend. Der persönliche Kontakt soll zwar weiterhin der „Goldstandard“ bleiben. Doch die Branche signailisert mit diesem Beschluss, dass sie die Chancen der Digitalisierung erkannt hat.


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