Als am 8. 11. 2016 der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bekannt gegeben wurde, fuhr ein Ruck durch das Silicon Valley. Im Tal der Träume bastelte man bis zu diesem Moment stetig an einem neuen Leben, an hochtechnologischen, bahnbrechenden, ja tatsächlich revolutionären Ideen einer besseren Welt.
Und dann kam Donald Trump.
Obwohl sich 145 Gründer, Geschäftsführer oder Manager gegen den republikanischen Kandidaten aussprachen, ihn klar als innovationsfeindlich und gegen die Einwanderung hochqualifizierter Fachkräfte beschrieben, schaffte Trump es ins Amt. Silicon Valley musste sich einer Art „Realitätskur“ unterziehen und einsehen, dass der Einfluss des Tech-Zentrums doch geringer ist, als gedacht.
Man befindet sich in einer Blase. Jeff Morris zum Beispiel, Manager bei Tinder, schrieb auf Twitter: "Dies ist ein Weckruf für das Silicon Valley. Unsere Blase ist viel weniger einflussreich als wir dachten."
„This is a wake up call to Silicon Valley. Our bubble is a lot less influential than we think.” - Jeff Morris
Das Valley brachte viele Tech-Millionäre hervor, die Mieten steigen seit ein paar Jahren auf ein immer neues Maximum. Doch im Umland bekommen die Menschen von Ruhm, Reichtum und Revolution kaum etwas mit. Dass das Valley in einer Art Blase steckt, legt auch ein anderer Trend dar: Der Trend hin zum ewigen Leben.
“Die große, unerfüllte Aufgabe der modernen Welt ist es, den Tod von einer natürlichen Notwendigkeit des Lebens zu einem Problem zu machen, das gelöst wird. Ein Problem, zu dessen Lösung ich so gut ich kann beitragen werde“, zitiert die Washington Post etwa Peter Thiel, den Paypal-Gründer und frühen Facebook-Investor. Dieser lässt Forscher in seinen Breakout Labs an der bio-technologischen Lösung für das Problem Tod arbeiten.
“The great unfinished task of the modern world is to turn death from a fact of life into a problem to be solved — a problem towards whose solution I hope to contribute in whatever way I can.” - Peter Thiel
Aber Thiel ist längst nicht der einzige Techstar aus dem Tal der unendlichen Möglichkeiten, der am Ewigen Leben bastelt. Ganz im Gegenteil. Mark Zuckerberg und Sergej Brin schrieben 2013 den Breakthrough Prize für Ideen zur Unsterblichkeit aus. Der mit 3 Millionen US-Dollar dotierte Preis läuft unter der Bezeichnung „Breakthrough Prize for Life Science“ und fördert Forschungen zur Verlängerung menschlichen Lebens in den Bereichen Genetik, Molekularbiologie, Onkologie und Neurologie. Es gibt bereits fünf Preisträger, die in unterschiedlichen Weisen an der Decodierung der menschlichen DNA arbeiten.
Googles Chef-Ingenieur Ray Kurzweil ist ebenfalls ein Jünger des Ewigen Lebens und spricht davon, dass der menschliche Körper ein Software-Update benötige, unser „Betriebssystem“ sei veraltet. Molekularbiologe Arthur Levinson (im Aufsichtsrat von Apple) leitet seit 2013 das Unternehmen Calico (California Life Company), ein Unternehmen unter dem Alphabet-Dach und Google Schwester. Calico ist ein Projekt, ganz nach Larry Page’s Sinn: Man geht die zentralen Fragen der Menschheit an.
Calico ist heute bereits drei Jahre alt. Dennoch ist nicht ganz klar, was die Firma eigentlich genau macht, wie sie das Problem der Sterblichkeit und des Alterns lösen will. Zum Team gehören außerhalb der fünf Gründungsmitglieder noch13 Scientists aus verschiedenen Bereichen, außerdem fünf Computerwissenschaftler (Bio-Informatiker). Die verschiedenene Disziplinen der Wissenschaft arbeiten bei Calico unter einem Dach. Dabei sind Forscher aus der Chemie (Massenspektronomie), der Molekularbiologie, der Pflanzen-Pathologie, der Biochemie und Zellen-Biologie, um nur ein paar der Wissenschaften zu nennen. Die Lösung des "Problems Tod" ist schließlich komplex.
Der Rest der Welt schaut auf die Unsterblichkeits-Freunde und weiß nicht, was er davon halten soll.
Ist das visionär? Oder doch sehr kurzsichtig?
Die Bevölkerung wächst laut Statista pro Sekunde um 2,7 Menschen. Im Jahr sind es momentan knapp 83,7 Millionen mehr Menschen als noch im Jahr davor. Wenn nun niemand mehr stirbt - nun ja, dann dürfte es in ein paar Jahren ziemlich eng auf der Erde werden. Die Theorie der Tragfähigkeit (eine Berechnung der maximalen Anzahl einer Spezies, die in einem bestimmten Ökosystem überleben kann) kann auf die Erde angewendet werden und wird dann als soziale Tragfähigkeit (oder auch der ökologische Fußabdruck) beziffert.
Die Meinungen und Publikationen gehen hier weit auseinander. Die Schätzungen für die maximale Anzahl an Menschen auf der Erde liegen zwischen 1 Milliarde und 12 Milliarden Menschen (J. E. Cohen: Population Growth and Earth's Human Carrying Capacity. In: Science. 269 (1995)). Diese Schätzungen haben wir mit einer aktuellen Weltbevölkerung von knapp 7,5 Milliarden Menschen in sechs Jahren erreicht. Unsterblichkeit ist so ziemlich das letzte, was wir demnach statistisch brauchen.
Der Mensch hat es schon geschafft, Organe mittels 3D-Druck herzustellen. Er schafft es auch, das Herz künstlich zum Schlagen zu bringen. In Tierversuchen schaffte er es außerdem, Insulin-Rezeptoren im Körper der Tiere auszuschalten - so konnten diese nicht mehr an Diabetes erkranken. In Zukunft, so sagt es zumindest Ray Kurzweil voraus, werden winzige Nano-Maschinen im Körper das Immunsystem kontrollieren und Krankheiten bekämpfen.
Die Vordenker des Silicon Valley glauben daran, den Körper neu aufsetzen zu können. Sterblichkeit ist ein zu überwindendes Problem. Auch die Heilung von Krebs ist ein zu überwindendes Problem. Doch während man den Krebs als Krankheit nicht akzeptieren möchte, gehörte der Tod bisher für die meisten Menschen zum Leben, wie Licht zu Schatten. Nicht so im Silicon Valley.
“I believe that evolution is a true account of nature, but I think we should try to escape it or transcend it in our society.” - Peter Thiel
"Ich glaube, dass Evolution eine Naturgegebenheit ist, dennoch denke ich, wir sollten versuchen ihr zu entfliehen oder sie überwinden", meint Peter Thiel.
Dagegen hält Elon Musk, der auch schon zu künstlicher Intelligenz eine gespaltene Meinung hat. Er möchte nicht ewig leben. Insgesamt vielleicht einhundert Jahre oder etwas mehr, sagt er dem Business Insider. Er betrachte es kritisch, "das Schicksal der Menschheit zu verändern."
Was ist aber der Unterschied zwischen dem Wunsch nach der Heilung aller Krankheiten und dem Wunsch nach Unsterblichkeit? Ist das eine Schicksal, das andere aber nicht? Gehört die Heilung von Krebs zu den Aufgaben der Forschung, das "Heilen vom Tod" jedoch nicht?
Die Antwort ist eine Frage der Einstellung.
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