Es gibt so ein paar Standart-Meilensteine, die Startups erreichen wollen: Prozessdefinierung und -optimierung in den ersten sechs Monaten, der Produkt-Launch, Profitabilität nach ein bis eineinhalb Jahren bis zum break-even, konstant hohes Wachstum, bestenfalls über 150% jährlich, steigende Kundenzahlen und Bekanntheit. Die Expandierung über die Ländergrenzen hinaus ist zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein Thema - für die einen früher, für die anderen später. Dazu braucht es allerdings mehr als eine mehrsprachige Website. Best Practises und Erfahrungen von EyeEM, MONOQI und 99designs.
Das ist heute mein erstes Mal in der factory berlin. Auf dem Gelände des Co-Working-Spaces gibt es ein Beachvolleyballfeld und nicht genug Fahrradständer. Draußen, in der Dämmerung stehen ein paar Menschen und lachen. Die Treppe herunter und ich tauche in einen rötlich schimmernden Raum mit Backsteingewölbe ein. Es geht heute um Internationalisierung von Startups. Auf einer Art Bühne stehen vier ältlich-gemütliche Sessel und ich schnappe nach einem Bier. Ein schlanker Mann mit breitem Lächeln und blauem Hemd führt heute durch den Abend – Derk, Niederländer und Netzwerker en profession. Hinter ihm stehen drei weitere Männer beisammen, eben die, die vorhin draußen lachten, und werden nacheinander vorgestellt: Simon Fabich (MONOQI), Florian Meissner (EyeEm) und Patrick Llewellyn (99designs). Jeweils Gründer und CEO des eigenen Unternehmens. Derks erste Frage dreht sich um die Motivation, global zu agieren:
Der erste Grund: die Erwartungen erfüllen. Allesamt VC-finanziert, sind es natürlich auch diese Geldgeber, die Wachstum und Expansion verlangen. Aber auch ohne Erwartungshaltung von außen gibt es genügend Gründe, ins Ausland zu gehen. Zum Beispiel: hinter den Landesgrenzen gibt es teils unentdeckte Märkte und enorme Nachfrage. Und drittens: gerade Patrick von 99designs sagt, dass die Internationalität oft in der Natur der Sache liegt – bei 99designs arbeiten Designer und Grafiker aller Herren Länder an Projekten. Da ist der Schritt für eine Übersetzung der Website schon mal naheliegend. Außerdem ist es in der Welt der Startups stark wettbewerbsorientiert, jeder will einmal der Platzhirsch auf dem globalen Markt werden. Und zum Thema Wettbewerb fügt er hinzu, die Deutschen seien schließlich besonders gut darin, copycats auf die Beine zu stellen. Ich grinse, ungefähr alle anderen im Raum ebenfalls.
Eine kleine Auswahl dessen, was ich mitschreiben kann: zu beachten sind unbedingt kulturelle Unterschiede in Geschmack und Lebensweise, unterschiedliche rechtliche und juristische Voraussetzungen, Unterschiede in der Kommunikation und der wirtschaftlichen Abläufe, verschiedene Datenschutzrechte, Steuern oder Konsumenten. Wichtig ist es, ein gutes Team in der neuen Geschäftsstelle zu haben, Talente, die hinter dem Konzept und dem Produkt stehen. Leute, die die landeseigenen Strukturen kennen. Alle drei berichten von der lerning-by-doing-Arbeitsweise. Es kristallisiert sich heraus, dass die Fundamente der Internationalisierung diese sind:
- Vertrauen
- Kulturelles Bewusstsein und eine eigene grenzenlose (Firmen-)Kultur haben
- Das Teilen der Basics aus allen relevanten Bereichen (Marketing, Produktherstellung, etc.) miteinander
- Bier.
Florian erzählt, anfangs hat er einfach die User selbst übersetzen lassen, dafür erst mal überhaupt kein Geld ausgegeben. Das ist natürlich etwas der Sache selbst geschuldet, schließlich handelt es sich bei EyeEm um eine Community-Plattform, trotzdem im Hinterkopf behalten.
Um Design in jeder Sprache und in jedem Land ansprechend zu machen, arbeitet Simon eng mit Produktdesignern und Online Marketeers zusammen: 40% alles Fotos werden in Berlin geshooted. So hat man entsprechend viel Kontrolle darüber, wie die Designermöbel aussehen. Und Patrick beschwört immer wieder, wie wichtig ein gutes Team und gute Leute vor Ort sind. 99designs expandiert gerade nach Japan. Dies wiederum ist ein vollkommen anderer Markt als in Europa oder den USA. Er hält sich dabei an Google, das auch in Japan immer noch führende Suchmaschine ist. Er hat einen Ingenieur, einen Designer und ein Produkt-designer in Tokio, der Rest wird vom japanischen Partner und Investor organisiert.
Ich traue mich zu fragen, ob das überhaupt möglich ist, ein Startup zu bleiben -mit allem was dazugehört- wenn man international wird. Was ist mit den kurzen Wegen? Der persönlichen Atmosphäre? Dem Teamgeist? Die drei grinsen verschmitzt. Definitiv ja ist offensichtlich die Lieblingsantwort. Jeder neue Standort ist, als würde man von vorn anfangen. Man streicht gemeinsam das neue Office, tüftelt mit allen Abteilungen an Strukturen und Optimierungsdingen und ist offensichtlich noch immer der ambitionierte Startupper, der dutzt und dutzen lässt. Sie ist ihnen einfach nicht zu nehmen, die Lust am Neuanfang!
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