Momentan wird in den Medien wieder viel diskutiert. Hat Crowdinvesting Zukunft? Ist Crowdinvesting eine Anlegerfalle, weil die Kleinanleger sich nicht auskennen? Sind die Finanzierungen über die Crowd ein Hindernis für Anschlussfinanzierungen institutioneller Venture-Capital-Geber?
Dies alles sind wichtige Fragen, denen wir uns stellen wollen. Der öffentliche Diskurs zum Thema Crowdinvesting liegt uns am Herzen, schließlich setzt das Konzept des Crowdinvestings auf die breite Masse: Jeder soll investieren können.
Obwohl wir seit über vier Jahren an Verträgen, Beteiligungsformaten, am Verbraucherschutz oder an der Investorenbildung schrauben, halten sich einige Vorurteile hartnäckig. Ich möchte die Gelegenheit jetzt einfach mal nutzen und mich mit einigen Kritikpunkten auseinandersetzen. Mythos oder Meinung?
Unsere Meinung: Zunächst einmal kann man die Risikohinweise eigentlich gar nicht übersehen. Allein auf der Startseite sind zwei , über jedem Pitch-Video ist einer, unter dem Pitchdeck ebenfalls. Bei jeder Unterseite steht der Risikohinweis über dem Text.
Wir lassen weiterhin von der Creditreform eine Ausfallwahrscheinlichkeit berechnen, die präsent auf der ersten Seite des Startup-Profils und damit Investitionsmöglichkeit zu sehen ist. Es gibt einen Renditerechner, der Investoren dabei hilft, die wahrscheinlichen Renditen zu errechnen, man kann dabei natürlich auch die Worse-Case-Szenarien sehen.
Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz, das bereits seit 2015 existiert, werden die Plattformen dazu verpflichtet, die Verbraucher zu schützen. Wir haben das schon vor dem Gesetz auf unserer Plattform gemacht, manche Anbieter hatten dies jedoch noch nicht gemacht. Seit 2015 ist es für alle Pflicht.
Bevor jemand investiert, muss er das Vermögensanlage-Informationsblatt lesen. Mit drei A4-Seiten ist dieses auch nicht lang, beinhaltet aber alle wichtigen Informationen. Dort steht unter anderem, dass sich dieses Investment nicht zur Altersvorsorge eignet, die Risiken sind Punkt für Punkt aufgelistet.
Wenn man noch nicht so oft investiert hat, steht außerdem über dem Investment: „Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie das Crowdinvesting derzeit möglicherweise noch nicht angemessen beurteilen können. Es bleibt Ihnen unbenommen zu investieren.” Wir werben außerdem nie ohne Risikohinweis, auch nicht auf Social Media. Ab einem Investment von 1.000 Euro muss außerdem eine Selbstauskunft abgegeben werden und darüber hinaus müssen die Investoren darlegen, dass sie sich so ein Investment leisten können.
Kein Mensch kann also einfach so, unbedacht und aus Unwissenheit, seine gesamten Ersparnisse investieren und gegebenenfalls verlieren. Das ist faktisch einfach falsch. Es gibt vom Gesetzgeber vorgeschriebene Obergrenzen für ein Investment. Mehr dazu gibt es übrigens auch hier: „Crowdinvesting: Regulation und Anlegerschutz“.
Weiterhin gibt es bei uns den Bereich “Investoren-Akademie”, über den wir vor allem in den Kategorien „Fortgeschrittene und Profis“ den Privatanlegern grundlegende Kenntnisse über Venture Capital und Investitionen in Startups vermitteln. Im Blog interviewen wir Crowdinvestoren zu ihren Richtlinien und Best Practices-Tipps. Und natürlich gibt es den Diskussionsbereich, in dem sich Investoren und Gründerteam austauschen können. Wir haben sogar eine Suchfunktion und eine Bewertungsfunktion für die Kommentare, sodass die Investoren noch leichter finden können, was andere Investoren zu einem bestimmten Thema sagen. Die Investoren demnach unbedarft und unwissend hinzustellen, trifft erstens nicht zu und spricht Investoren zweitens die Eigenverantwortung ab.
Unsere Meinung: Es gibt Beispiele im Venture Capital, deren Bewertungen sich nicht allen erschließen. Falsch und absichtlich hochgerechnet werden sie aber eigentlich nicht. Bewertungen im Venture Capital sind eine Sache für sich: Je nachdem, wie man sie errechnet, kommen für ein Startup durchaus mal zwei Bewertungen zwischen 2 und 50 Millionen dabei heraus.
Es liegt nicht im Sinne der Crowdinvesting-Plattformen, die Bewertungen hochzutreiben. Im ersten Moment mag es so aussehen, da unsere Provision prozentual von der Fundingsumme abhängt. Aber, und das ist ein dickes, fettes Aber, wenn die Investoren nicht nachvollziehen können, wie es zu einer Bewertung kommt, werden sie nicht investieren. Und wenn ein Startup nicht finanziert wird, bekommen wir gar keine Provision. Langfristig können wir mit solchen Kampagnen nicht überleben.
Weiterhin sind wir, anders als institutionelle VCs, von der öffentlichen Meinung abhängig. Wenn die Menschen keine spannenden Startups vorfinden oder Investments zu günstigen Konditionen, dann werden sie ganz einfach nicht investieren. Und eine Plattform mit schwindenden Investorenzahlen? Wird im Wettbewerb nicht bestehen.
Nichtsdestotrotz stellen wir uns dem Problem der Bewertung. Jedes Startup begründet unter „Finanzzahlen“, wie es zu der jeweiligen Bewertung kommt. Die Investoren können so sehr gut entscheiden, ob sie diese Begründung nachvollziehen können oder nicht.
Manche VCs sind keine Crowdinvesting-Fans, so der Mythos. Unsere Zahlen zeigen aber: 80 Prozent aller bei uns finanzierten Startups sind anschluss- oder co-finanziert. Unsere Verträge sind extra zu diesem Zweck gepoolt und auf Anschlussfinanzierungen ausgelegt.
Nach einer Finanzierungsrunde müssen Investoren einmal im Quartal die wichtigsten Zahlen reporten. Auch das funktioniert mittlerweile online und automatisiert mit einer Maske. Geschäftsgeheimnisse müssen hier nicht offengelegt werden. Wenn Startups übernommen oder anschlussfinanziert werden, entscheiden sie und die Kapitalgeber außerdem, wie viel sie von dem „Deal“ nach außen tragen wollen.
Wir haben Startups finanziert, die wie Doxter zum Beispiel, mit VCs in Verhandlungen standen. Wir konnten damals mit Schnelligkeit punkten – deshalb hatte sich Doxter für Crowdinvesting entschieden.
Jedes Jahr bekommen wir rund 3000 Bewerbungen und haben insgesamt, seit 2012, nur 72 Startups finanziert. In diese Startups sind auch namhafte Investoren, Business Angels und VCs investiert: Earlybird, Jochen Schweizer, die GSG, Philipp Klöckner, Marcus Seidel, DCMN, die DKB und Axel Springer zum Beispiel.
Bei einer erfolgreichen Kampagne kann man weiterhin mit einem Proof-of-Concept für das Produkt oder den Businessplan und Co. argumentieren.
Aus unserer Sicht: Zunächst einmal sind wir durch das Kleinanlegerschutzgesetz an die Form des partiarischen Nachrangdarlehens gebunden. Wir würden es begrüßen, wenn dieser Punkt etwas offener gestaltet wäre, sodass wir freier am Beteiligungsmodell arbeiten könnten. Können wir aber nicht.
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