Anfang des Jahres 2016 stehen Florian Tremmel und Julian Peters vor den Scherben ihres Unternehmens. Die selbstdesignten Schuhe schwanken stark in der Qualität, sind teuer zu bezahlen und das Design kommt bei den Kundinnen weniger gut an als gedacht. Was tun? Aufgeben ist weder für Julian noch für Florian eine Option. Neue Ideen müssen her. Sie fangen an, einen kleinen Geldbeutel für Herren zu vertreiben und stellen ihn bei Amazon zum Verkauf ein. Das klappt gut, die Menschen kaufen das kleine Lederportmonee. Der Umbruch steht an.
Jaimie Jacobs hat vier Mitarbeiter, plus die 17 Angestellten in der Schuhproduktion. An Jaimie Jacobs hängen Personen, Alltage, Leben. Claudia, die Schuhexpertin, CTO Damir, Florian und Julian setzen sich an einen Tisch, wägen die Optionen ab, diskutieren, suchen nach Lösungen. Am Ende verlassen Claudia und Damir das Unternehmen. Die Schuhproduktion bleibt bestehen. Claudia Kieserling bleibt deren Chefin. CTO Damir Ismailovic findet eine neue Herausforderung. Gehalt hat der Programmierer des 3-D- Konfigurators und der Website zu diesem Zeitpunkt schon länger nicht gesehen.
Florian und Julian bleiben im Unternehmen. „Natürlich stellt man sich immer wieder die Frage, ob es wirtschaftlich noch Sinn macht, das Unternehmen weiterzuführen. Aber uns gehen die Ideen nicht aus und wir haben immer Chancen gesehen“, beschreibt Florian. Die Idee mit dem „Flap Boy“ funktioniert und die beiden bringen weitere Herrenaccessoires auf den Markt. „Während die Schuhe uns vor viele Probleme und negatives Feedback stellten, arbeiteten wir ab dem ersten Geldbeutel profitabel“, ergänzt Julian.
Nach der Einigung mit ihren ehemaligen Mitgründern straffen die beiden Münchener erneut die Schultern. Sie wechseln von der Zielgruppe Frauen zu Männern, setzen eine neue Website auf, ändern die Vertriebskanäle und die Marketingmaßnahmen. „Wenn wir eines gelernt haben, ist es dass wir nur noch Produkte verkaufen, bei denen wir bewerten können, ob diese attraktiv sind oder nicht. Julian und ich wissen, was Männer haben wollen, während vor allem Claudia sich mit der Kommunikation mit Frauen auskannte, als wir noch Schuhe produzierten. Die neue Ausrichtung von Jaimie Jacobs können wir glaubhaft verkaufen“, erklärt Florian.
Die beiden bringen nach und nach mehr Produkte auf den Markt: neue Portmonees, Schlüsselanhänger und Mini-Geldbeutel. Der „Nano Boy Pocket“ schlägt ein wie eine Bombe. „Wir wurden von chinesischen Anbietern daraufhin sofort kopiert und mit Billigprodukten konfrontiert. Aber wir bauen eine langfristige Marke auf und zeichnen uns durch die Qualität aus. Der Verkauf in Europa, den USA und Japan – die größten Amazon-Handelsplätze – lief sehr gut an, sagt Julian. 2016 erwirtschaftet Jaimie Jacobs die ersten Gewinne, die 2017 an die Companisten ausgezahlt werden.
„Natürlich stellt man sich immer wieder die Frage, ob es wirtschaftlich noch Sinn macht, das Unternehmen weiterzuführen. Aber uns gehen die Ideen nicht aus und wir haben immer Chancen gesehen“
Der ProSiebenSat.1-Accelerator, der 2014 bereits bei Jaimie Jacobs einstieg, beteiligt sich Anfang des Jahres erneut mit einem Media-for-Equity-Deal. Jaimie Jacobs ist im Fernsehen und die Werbung trägt Früchte. Die Umsätze wachsen, Jaimie Jacobs kann die Marke weiter stärken und sich gegen die anderen Anbieter behaupten. „Das ist natürlich ein ganz anderes Gefühl, wenn man merkt, dass man ein Produkt etabliert hat, dass die Kunden cool finden.“ erzählt Florian. Eine neue Kooperation mit Burda entsteht und Jaimie Jacobs wird das erste Mal im Printbereich vermarktet.
Florian und Julian stellen wieder zwei Mitarbeiter ein. „Langsam müssen wir ein eigenes Logistik-Zentrum aufbauen und werden in den nächsten Jahren auch noch mal verstärkt wachsen. Zwischen drei und sechs neue Mitarbeiter sind geplant. Wir werden 2017 daher noch keinen positiven EBIT erreichen, planen das aber für 2018“, erläutert Julian die nächsten Schritte. Demnächst werden auch Uhren die Marke vervollständigen und weitere Produkte sind in Planung.
Die Münchener Unternehmer bleiben bodenständig. Sie legen Wert auf die Qualität des Leders, arbeiten mit europäischen Herstellern und kleinen Handwerksbetrieben in der Nähe der bayrischen Hauptstadt zusammen. „Für uns war es sehr wichtig, kleine Handwerksbetriebe zu finden, die bereit waren, exklusiv für uns zu arbeiten. In den letzten Jahren haben wir solche Partner gefunden und fast familiäre Geschäftsbeziehungen aufbauen können. Wir legen Wert auf faire Arbeitsbedingungen und Löhne“ schließt Florian.
Vom Pivot des Startups haben die meisten aktuellen Kunden wenig mitbekommen. Das liegt zum einen an der veränderten Zielgruppe, zum anderen an der Konsequenz der Gründer. Beide haben mit Jaimie Jacobs den Neuanfang geschafft und streben weiter nach einem soliden Wachstum. Dabei gibt es nur einen Weg: nach vorn.
Die ganze Story und mehr gibt es auch in den aktuellen Companisto Deal-Lights zu lesen.
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